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die Pest  

Diese Geschichte widme ich meiner Freundin und Kollegin des Friseurhandwerks, Stefanie A. Sie "meine Muse" half mir in schwierigen Situationen weiter und beflügelte meine ach so poetischen Worte zu sinnvollen Sätzen.

Ein Hauch von Phantasie und ein kleines Stück Wahrheit, gefolgt vom Blick in die Zukunft und der Verlauf von Vergangenem zu Tränen gerührt...

                                                       

 

Die Pest

 

 

 

In ihrer vollen Blüte erschien die Stadt an solchen Tagen prachtvoll, mit den kostümiertem Adel, Minnegesängen, königlichen Speisen und Weinen aus fernen Ländern. Denn das Fest der Freude und der Verkleidungen entzückte die Oberschicht. Diejenigen, die dem Lachen dieser Feste nachgingen und in ritterlichen Gewandungen tanzten und plauderten, sie amüsierten sich an den Narren, die Vorstellungen dieser Abende. Wie offenherzig sie die Freuden in sich aufnahmen, lachend vor Begeisterung und schmausend um ihr Ansehen rein zu halten. Doch die andere Seite sahen sie nicht. Sie schauten nie hin und werden sich auf ewig abwenden. In jener Stadt war das Grauen in den Augen der kleinen Kinder zu sehen. Etwas, das noch nie da gewesen war berührte die Bewohner bis aufs Blut. Sie vergnügten sich vor den Augen der Verdammten, die sie erwartungsvoll ansahen. Doch das Leid dieser armen Seelen wurde von den Herrschaften ignoriert und als Nichtigkeit eingestuft. Jene müssten sich nicht jeden Abend sorgen machen, ob sie am nächsten Tag noch lebten oder schon vor Hunger im Schlafe den Tod fanden. Oh nein, ich zweifle sogar nicht an den Worten:  

„Dieses Pack ist selbst daran schuld, sie hätten es besser wissen müssen. Und jetzt verdrecken sie die Straßen und bringen die Diebschaft ein...“

Dieses Gefasel hörte man an jeder Ecke dieser verlorenen Stadt und auf dem Friedhof häufen sich die Gräber ohne Namen, deren Glück bei dieser Evolution verloren ging und der Glaube an Gott und die Hoffnung verschwand.

 

In dem nassen, schmutzigen und mit Gestank bestückten Kanälen der Stadt, hörte man, wenn man die Ohren eines Fuchses hätte, ein leises Schluchzen. Die Augen eines Falken nur, würde dieses Wesen beobachten können. Doch konnte ein kleines Mädchen die bevorstehende Bedrohung nur empfinden. Sie hoffte in Sicherheit zu sein, als sie dieses Versteck fand. Doch nun glaubte sie zu träumen, als ein Schatten sich bewegte. Erst war es nur schemenhaft zu erkennen, dann nahmen die Fetzen der Dunkelheit eine Form an. Das Mädchen schloss ängstlich die Augen und wagte keinen Laut von sich zu geben. Der Schatten kam näher und reichte ihr die Hand. Seine Stimme war sanft und sonderbar beruhigend. Er flüsterte ihr all die schönen Dinge zu, die ein kleines Kind hören mag und folgte ihm zögerlich. Doch wusste sie sehr wohl, dass es falsch war. Die Tränen rollten ihr über die Wangen und ihre kleinen schmutzigen Hände spielten unkontrolliert mit ihrem zerrissenen Kleidchen.

„Hab keine Angst. Du bist in Sicherheit wo nichts Böses dir widerfahren wird, du kannst mir vertrauen. Ich werde dich beschützen, kleine Filia.“

Oh, welche charmanten Worte doch über seine Lippen, hinauf zu ihrem Verstand und hinab zum Herzen wanderten. Er brauchte sie, mehr als es ihr lieb war. Er forderte das Wesen wie die Nacht die Dunkelheit und der Mond das Zwielicht auf, ihm gehorsam zu sein. Sie wagten ein Spiel, so glaubte sie es einst. Der Tag war für ihn, wie für die Bewohner, der kaltherzigen Stadt, die Nacht. Und so wurde Filia auf die Probe gestellt und musste mit seinen Worten die Menschen verzaubern. Dafür zeigte er ihr bei Nacht, was Leben ist. Neue Kleider, frisches Essen, köstliche Getränke aus tropischen Früchten, Gesellschaftstänze und an manchen Nächten saßen sie beisammen. Dann erzählte ihr Josef aus seinem früheren Leben. Märchenhafte Geschichten von Schiffen auf hoher See und von den andauernden Nächten des Nordens. Er lehrte ihr die Fehler, die man machen konnte und wie sie zu vermeiden sind.

 

So gingen die Jahre ins Land und damit auch an dem Mädchen vorüber. Filia prägte sich als junge Frau doch der Vampir zeigte keine Veränderungen; keine Falte, die das Gesicht jener Menschen prägt, die das hohe Alter erreichten. Seine eisblauen Augen und seine weiße Haut, sowie sein vornehmes Auftreten, war noch immer Bestand seiner vertrauten Gestalt.

 Die Stadt hatte sich derweil in eine Hölle verwandelt. Die Vampire wiegten sich in der Überzahl und bevölkerten das Land, wie Ratten sich vermehrten. Es herrschte Chaos und das Sterben der Menschen wuchs. Aufstände wurden zum Alltag, Schreie und brennende Häuser.

„Dieser Krach! Diese Menschen machen mich noch wahnsinnig, “ schrie Josef und schlug auf den Tisch.

„Beruhige dich. Schenke ihnen keinerlei Beachtung denn du bist mächtiger als alle anderen hier.“

Josef stand vom Tisch auf und tigerte durch den Speisesaal.

„Genau das ist der Punkt. Sie wissen von uns Vampiren und auch wie stark wir sind. Drum will das elende Pack, das noch übrig ist, uns ausräuchern.“

„Wir können doch fliehen, Josef. Es wird immer andere Städte geben wo wir uns zurückziehen können.“

„Du hast Recht, Filia. Wir werden aufbrechen. Sogar noch heute Nacht denn ich möchte nicht mehr mit dir hier sein, wenn die tötungslustige Horde dieses Haus stürmt. Ich könnte es mir nie verzeihen wenn sie dir zu nahe treten. Lass uns schnell verschwinden, Filia und in der neuen Stadt werde ich dir dein Geburtstagsgeschenk geben.“

Filia schenkte ihm ein breites Lächeln.

„Du hast es nicht vergessen?“

„Wie könnte ich nur deinen 21.Geburtstag vergessen?! Du wirst erwachsen, meine Kleine. Leider kann ich dann nie mehr  „meine Kleine“ zu dir sagen.“

Sie packten ihr Hab und Gut zusammen und verließen durch einen geheimen Gang unter dem Anwesen dieses schreckliche Bild der Zerstörung. Zu Fuß gingen sie im schnellen Schritt zum Bahnhof, um sich dann sicher im Zug zu setzen und ruhen.  Filia schlief in den Armen von Josef und er schaute ihr verträumt beim Schlafen zu während der Zug ratternd durch das Land fuhr. Er schaute hinaus und betrachtete den nächtlichen Himmel und dessen Sterne. Der Mond schien ihr aufs Gesicht und ließ sie in dem wundersamen Licht wie ein lieblicher Engel erscheinen. Als der Zug hielt, stiegen sie samt Gepäck aus und folgten dem Wiehern der Pferde. Hinter dem Bahnhofsgebäude sahen sie auch schon die Kutsche, mit der sie weiter fuhren. Der Kutscher ließ das Zwei-Pferde-Gespann traben und man hörte das Klacken der Hufen auf dem Pflaster der Straßen. Nebel zog auf und ließ die Stadt versinken. Außerhalb, aber nicht weit weg von der Stadt, hielt die Kutsche plötzlich an. Ein Nachtwächter kam mit einer Laterne an das Fenster, leuchtete hinein und nickte begrüßend. Daraufhin öffnete er das große, in seinen Angeln quietschende, Tor und ließ sie passieren. Man sah nicht viel von dem prächtigen Garten doch umso mehr sah man das riesige Haus. Es brannte noch Licht trotz der späten Stunde. Die Kutsche hielt vor der Tür an und ließ die Beiden aussteigen. Josef schellte mit einer Glocke und ein Butler öffnete die Tür. Stumm bat er sie rein. Das Haus zeichnete sich mit hohen Räumen aus und die Wände waren mit Bildern geschmückt. Sie betraten das Haus mit bewundernden Blicken und Filia’s Augen wichen nicht mehr von einem Gemälde ab. Sie bemerkte auch nicht, wie Josef mit Mr. Carpendale sprach noch wie sein Sohn Alex auf sie zuging. Er stand nun fast neben ihr, als er sie fragte, ob sie sich für Kunst interessiere. Erschrocken drehte sie sich um und begegnete ihm mit einem Lächeln „Ja“. Sodann rief Josef und Alex half ihr beim Tragen des Gepäcks. Sie gingen die Treppe hoch und erblickten am Ende des Ganges die Tür zu ihrem Gemach. Die Liebe zwischen den Beiden war nicht mehr die eines Vaters und seiner Tochter, sondern wohl eher eine verbotene Liebe zwischen einer jungen Frau und einem Vampir. Beide von Schönheit und Grazie versehen und doch bestand ein Unterschied. Josef war nun fast 600 Jahre alt und Filia war 21, goldene Zeit. Sie machten sich für das Bett zurecht und schliefen sodann, einander eng umschlungen, ein. Am nächsten Morgen, in alter Frische schon, wart der Teufel los. Bei diesem Lärm konnte Filia nicht mehr schlafen und tapste noch im Nachthemd die Treppe runter Richtung Küche. Ihr liefen erschreckte Floristen, Dienstmädchen und Möbelpacker über den Weg. Alle hatten was zu tun und so bemerkten sie nicht, wie Filia vorbei lief.  Sie öffnete die Schwingtür zur Küche und trat herein. Für diesen Augenblick standen alle still, Köche, Mägde und Küchenjungen waren gelähmt gegenüber dem Geschehen. Es soll doch eine Überraschung sein! Sie holte sich ein Glas Milch, schnappte sich noch einen Apfel und tapste genauso verschlafen ins Esszimmer, begab sich an den Tisch.

„Guten Morgen, Miss Filia, “ sagte Alex.

Sogleich blickte sie auf:„Guten Morgen.“

„Was treibt sie so früh aus dem Bett, miss Filia?“

„Ich möchte fertig sein, wenn die Festlichkeit beginnt.“

„Sie wissen davon? Ich meine, dass es doch eine Überraschung werden sollte, “  sagte Mr. Carpendale, der ebenfalls am Tisch saß.

„Jedes Jahr veranstaltet Josef so einen Zirkus. Es ist für mich keine Überraschung mehr, aber machen sie sich jetzt keine Vorwürfe, dass es nicht geklappt hat. Daran werden sie sich noch gewöhnen.“

 Mit diesen Worten widmete sich Filia wieder ihrem Frühstück und schaute ab und zu aus dem Fenster. Ihr war nicht nach einem ausgiebigen Gespräch über vergangene Tage. Drum schwieg sie.

Nach dem morgendlichen Mal schlichen Alex und Filia sich aus dem Haus und spazierten über das Anwesen. Als sie den Irrgarten erreichten, wurde es dunkler. Sie gingen ohne Sinn und Verstand durch die Gänge aus Buchsbaumhecken, die so hoch wie eine Stadtmauer waren. Sie erzählten viel voneinander und so langsam fanden sie sich sympathisch. Alex schaute auf und dann in ihr Gesicht, als wäre ihm soeben eine Idee gekommen, die unbedingt erzählt werden musste.

„Kommt mit mir, miss Filia. Ich kenne einen geheimen Ort, der euch begeistern wird.“ Er nahm ihre Hand und zog Filia mit Eile hinter sich her.

Sie erreichten ein mit Efeu behängtes Tor.

„Wo führt ihr mich hin?!“

„Habt Geduld. Es wird ihnen gefallen.“ Er schloss das verrostete Tor auf und mit einem quietschenden Geräusch öffnete er den einen Flügel. Dieser Teil des Gartens zeigte sich dicht bewachsen und nur ein dünner Trampelpfad, kaum zu sehen, erwies sich als einziger Anhaltspunkt. Sie erblickten einen Eingang, umgeben von schwarz erblühenden Rosen. Der Boden auf der sie gingen wurde schwärzer und je näher sie der Tür kamen umso trister wurde die Landschaft. Die Erde war trocken und wies Risse auf, es war totenstill. Trotz der warmen Jahreszeit gefror ihnen das Blut in den Adern, als sie den Korridor betraten. Es war unheimlich in diesem Gang. Bilder, derer Augen sie verfolgten in jedem Winkel des Raumes. Steinerne Statuen, die wie erstarrte Wächter aussahen, deren Herzen noch blutig im Inneren schlugen. Jede zeigte eine eigene Persönlichkeit und sah dadurch so echt aus als würden sie, wenn man nicht hin sah, sich bewegen. Vorsichtig gingen sie auf das Ende des Ganges zu. Filia verstand nicht, wo das noch hin führen sollte, da keine Tür und keine Fenster zu sehen waren.

„Passt auf!“ Er suchte an der steinernen Wand nach einem Hebel. Plötzlich gab ein Stein nach und ließ sich eindrücken. Die Wand bewegte sich und es kam ein Raum zum Vorschein, der durch das Tageslicht hell beleuchtet war.

„Kommt, habt keine Angst.“ Sie traten herein und Filia stockte der Atem. 

„Eine Bibliothek. Das müssen hunderte von Büchern sein, die so alt sind und welche Geheimnisse sie wohl verbargen.“ Ihre Augen leuchteten und sie lächelte ihm zu.

„Ja, ist sie nicht wunderschön? Als ich noch klein war kam ich hier her, um „Krieg gegen die Welt“ zu spielen.“

Alex zeigte nach oben auf die Glaskuppel.

Die bunten Teile ergaben das Abbild unserer Kontinente und wenn die Sonne hoch am Himmel stand, konnte man die Welt auf den Parkett der Bibliothek sehen. Die Regale an der Wand reichten bis an die Decke aber es befand sich keine Leiter, um bis nach oben zu kommen. Neugierig zog sie ein paar Bücher aus dem Regal, vergnügte sich an den alten Lederumschlägen und las Alex einige Zeilen vor.

Nun saßen die Beiden auf den Boden der Bibliothek und Filia begann.

„Es war einmal ein kleiner Junge, der mit seinem Vater hoch oben auf einem Berg in Tibet lebte...“ Sie vergaßen die Zeit und Alex  genoss ihre Stimme während sie las. Er lehnte sich an ihre Schulter und es schien ihr nichts aus zu machen. Drum schloss er noch seine Augen um die Geschichte auch zu sehen, die sie so wunderschön erzählte. Aber als es immer dunkler wurde und ihr die Augen schmerzten hörte sie mit lesen auf.

„Lasst uns wieder gehen. Es ist schon spät!“ sagte Filia. Träge lustwandelten sie durch den Garten in das Haus zurück. Sie sahen den Speisesaal bereits festlich gedeckt, die Köche waren ausgelastet und die Diener schienen sichtlich erschöpft. Die Gäste trudelten so langsam ein und nahmen an den Tischen platz, versammelten sich auch in stehen in kleineren Grüppchen zusammen, lachten, tranken und es kehrte Leben ein. Eilig zog sich Filia um. Bestaunt von Josef betrachtete sie sich im Spiegel, dachte nach und Josef fragte: „Was hast du den ganzen Tag lang gemacht?“

„Oh, ich war im Garten und bin ein bisschen spazieren gegangen.“ Sagte sie zögerlich.

„Hattet ihr Spaß in der Bibliothek?!“

„Du sollst doch bei mir keine Gedanken lesen!“

„Es ist schon in Ordnung. Hab keine Angst, Filia. Du darfst beruhigt in die Bibliothek gehen, denn sie ist nicht wirklich geheim auch wenn es den Anschein nach so aussah.“

Lächelnd schloss sie ihre Augen und senkte den Kopf, als sei sie ertappt worden. Josef stand auf, platzierte sich vor den großen Spiegel und versuchte sich die Fliege zu binden.

„Ich kenne dich nun schon seit 13 Jahren. Ich brauche bei dir keine Gedanken mehr zu lesen.“ Filia wandte sich ihm zu und schaute ihn aufmerksam an.

„Ich kann deine Gefühle an deinem Verhalten und an deiner Mimik sehen wie du... Ich kriege das nicht hin!!“

„Warte ich helfe dir. Du hattest nun schon 600 Jahre Zeit gehabt, um das zu lernen. Trotz meiner Mühen kannst du es immer noch nicht. Was soll bloß aus dir werden, wenn ich nicht mehr bin, hmm?“ Josef belächelte diese Bemerkung und sah ihr tief in die Augen und strich ihr über das Gesicht.

„Wir werden sehen, mein Schatz. Um Mitternacht wirst du deine Geschenke in Empfang nehmen, und meines bekommst du zu erst.“ Er kam ihr näher und küsste sie ganz sanft auf den Mund. Beide schlossen halb die Augen und atmeten bei der Berührung ihrer Lippen erregend tief ein, was sie noch näher brachte. Josef brach den Kuss ab und verließ lächelnd und tänzelnd das Zimmer. Filia war sprachlos, stand nun ganz alleine mit diesem Gefühl im Schlafgemach und konnte es einfach nicht fassen. „Wie konnte er nur!“

Der Empfangssaal war mit Gästen gefüllt, die ausgelassen tanzten und plauderten. Als Filia anmutig die Treppe herunter schreitet, verstummte die Musik und das Gelächter. Josef kam ihr entgegen, beugte sich unterwürfig und küsste ihre Hand. Er führte sie die Treppe herunter, gab der Kapelle ein Zeichen, die dann mit der Musik fort fuhr und er stellte ihr einige wichtige Persönlichkeiten vor. Anschließend begrüßten sie den Gastgeber, der mit seinem Sohn Alex in einer plaudernden Gesellschaft stand. Gelangweilt  schaute sie in die Runde und ihre Augen blieben bei Alex stehen, der auch recht lustlos da stand. Er bemerkte dies und ging zu ihr rüber. Alex machte ihr Komplimente und forderte sie zum Tanz auf. Die neckischen Blicke von ihm machten sie nervös, doch sie sagte ja. Als er Filia bei Hand nahm und sie auf das Parkett führte, warf Josef ihm einen eifersüchtigen Blick zu. Aber er sagte nichts und amüsierte sich weiter. Die Beiden verschmolzen zu einem wunderschönen tanzenden Gebilde. Um sie herum wurde alles verschwommen, da sie nur Augen für ihn hatte und ihm ging es nicht anders. Es war als würde die Liebe ein Ständchen singen, welches noch lange in ihrem Köpfen wirbelte. Doch dann machte Filia ihn verständlich, dass er ihr folgen solle. Hand in Hand suchten sie einen ruhigen Ort; doch überall war Trubel. Über die Terrasse gingen sie in den Irrgarten. Die Hecken waren so dicht, dass sie niemanden erlaubten hindurch zu sehen. In der Mitte des Irrgartens stand eine Begräbnisstätte mit einem Pavillon und sämtlichen Statuen. Es war ein wundersamer Ort doch das störte ihnen kaum. Der Duft, der in der Luft lag, ähnelte Jasmin und es roch nach frisch geschnittenem Gras. Die Zwei setzten sich auf eine der Bänke und schauten verlegen um sich. Sie sahen sich abwechselnd an und lächelten, wenn ihre Blicke sich trafen. Filia schaute in den Nachthimmel und bewunderte die Schönheit der Sterne.

„Sind sie nicht wunderschön?“ sagte sie.

„Wen meinst du?“ fragte Andre wundernd.

„Die Sterne.“

„Wunderschön, das sind sie wohl. Doch sie können die Schönheit deines Anblicks bei weitem nicht übertreffen.“ Sie schaute Alex an und versank in seinem Blick, der noch von seiner Stimme versüßt wurde.

„Ich meine, ich...“

Sie kamen sich ganz nah und schmachteten dahin, als sie sich küssten. Wieder und wieder...

Doch sie merkten nicht, dass Josef ihnen gefolgt war. Beherrschend aber doch wütend sagte er: „Filia!“

Sie drehte sich um und sah Josef verzweifelt an, wollte sprechen, doch...

„Sag nichts, meine Liebe. Es ist bald Mitternacht! Dein Geschenk wartet!“

Sprachlos stand sie auf und schaute ihn missverstanden an.

„Ich sehe nichts.“ 

„Es ist mehr als ein Schmuckstück die du schon so oft von mir bekommen hast, kein Kleid oder Hut noch ein Pferd, welches du dir schon so lange wünschst. Ich schenke dir ewiges Leben, Schönheit für immer, Resistenz gegen jede Krankheit, Magie und Kraft. Das ist mehr, als du dir wünschen kannst.“

Filia wusste, dass dieser Moment irgendwann kommen würde. Nun ist er da und ihr kam kein passendes Wort über ihre Lippen.

         „Du hast mir ehrenhaft geschworen mir nichts zu tun, weißt du denn nicht mehr? Du wagst es unser Tabu zu brechen?“

„Ich habe dir versprochen nichts Böses zu tun. Das heißt nicht, dass ich dich vor deinem Leiden, vor dem Tod retten werde. Und das werde ich auch, ob es dir gefällt, oder nicht.“

Traurig über sein Sagen flehte sie: „Das ist nicht dein Ernst, oder... ich habe gedacht... du liebst mich! Wie kannst du mir das jetzt nur antun?“

„Sei nicht traurig. Du solltest dich freuen, dass du an dieser Tradition teilhaben darfst. Ich bin ein Vampir von reinem Blut und als Vampir geboren. Du wärest die zweite Generation und dein Blut wäre nur ein Mal geteilt. Es gibt zu viele sinnlose Vampire, die nichts widerspiegeln und nichts verkörpern. Sie können nur töten und sein. Sie können keine Entscheidung treffen und wandeln ganz unbestimmt umher. Du besäßest Fähigkeiten von denen diese Vampire noch nicht einmal träumen können, da sie unfähig sind. Doch du nicht. Ich habe dich gewählt meine Tochter zu sein, habe dich aus der Gosse geholt und nun schenke ich dir die dunkle Gabe. Es ist eine Ehre für dich. Nimm sie an, oder stirb!“

Filia bewegte diese Situation sehr und brach in Tränen aus.

„Bleibt unbesorgt, Liebliche. Ich werde nicht zulassen, dass er dir etwas antut.“ flüsterte Alex ihr zu und nahm sie in den Arm, den Blick nicht von Josef abgewandt.

„Wie in aller Welt willst du das bloß anstellen? Du kannst mich nicht töten, ich bin ja schon tot! Also was gedenkst du zu tun?“ sagte Josef lachend.

Wütend blickte Alex auf, stürmte auf ihn zu und schlug, doch traf er nur wenig und nicht schmerzhaft, wie es schien. Sie prügelten sich heftig doch Alex hatte keine Chance. Josef lachte nur grell und verhöhnte ihn nur. Machtlos schaute Filia dem Geschehen zu. Sie schrie doch wurden ihre Worte nicht gehört.

„Hört auf! Bitte Josef, lass ihn gehen. Verschone ihn, bitte.“

Er hielt den blutenden Alex am Hals hoch und drückte ihn mit Wucht gegen die Mauer der Gruft.

„Dein Reden ändert nichts an meinem tun. Er hat es verdient zu sterben. Du kannst ihn nicht mehr retten, denn er ist bereits so gut wie im Grab.“

Er drehte Alex’ Kopf zur Seite und fletschte seine Zähne zum tödlichen Biss. Zugleich ergriff Filia den Arm von Josef und flehte auf Knien.

„Nein Josef, tu es nicht. Ich mache auch alles was du verlangst. Lass ihn gehen und nimm mich an seiner Statt.“ Er ließ Alex los, der regungslos auf den Boden liegen blieb. Der Puls raste und ihr Herz schien zu platzen als Josef unaufhaltsam Filia zur Seite drängte. Er schaute in ihre verweinten Augen und wurde nachdenklich ...oO(Soll ich es tun? Aber was ist, wenn sie es nicht überlebt. Wie könnte ich es mir je verzeihen.)

Nach wenigen Gedankenzügen schaute er tief in ihre rehbraunen Augen. Sie vergötterte ihn! In seiner eleganten Bekleidung sah er aus wie ein Engel, ein gefallener Engel! Auf der Treppe des Pavillons ließ er Filia sich setzen. Er hockte sich vor sie und seine samtweichen Lippen näherten sich den ihren... Filia schloss die Augen und genoss die Berührungen von Josef sehr. Sie schwelgten sich in zärtlichen Liebeswallungen und wurden inniger; doch er biss ihr in den Hals. Es tat weh, sehr sogar. Filia wehrte sich nicht und ließ es über sich ergehen. Josef saugte und hielt sie fest. Auch er verspürte Schmerzen, denn das Blut schoss ihn durch seinen Körper wie eine starke Droge. Er darf nicht zu viel trinken, muss aufpassen, dass sie noch lebt. Filia’ s Atem wurde immer langsamer und er hörte auf. Sie schaute ihn verloren an; Josef biss sich selbst und ließ sein Blut in ihren Mund tropfen. Filia riss die Augen auf und schnappte seinen Arm um gierig seinen Lebenssaft  zu trinken. Beide, vom Schmerz geplagt. Josef ließ ab und kauerte erschöpft auf der Treppe.

Derweil krümmte sich Filia und schrie, doch ihre Bewegungen verlangsamten sich und es kehrte Stille ein. So unbeholfen lag sie da und rang nach Luft. Josef beugte sich über Filia’s leblosen Körper und streichelte über ihre Wange.

„Du stirbst jetzt, meine Kleine. Doch habe keine Angst, ich bin bei dir.“

Ihr letzter Atemzug, ihre Muskeln entspannten sich und die Augen fielen automatisch zu. Alex’ Kräfte hatten ihn verlassen und der Schmerz war so groß, dass er nicht schreien konnte. Erwartungsvoll schaute Josef in Filia’s Gesicht. Es dauerte auch nicht lange, bis sie zu sich kam. Ihr war nicht ganz bewusst, was mit ihr geschehen war und sah sich aufmerksam um. Sie hat sich verändert; ihre braunen Augen wirkten nun blasser und leblos. Ihre Haut wurde weiß und ihre Haare umso schöner.

Nur ein Engel mochte ihr Antlitz übertreffen. Ihr stockte der Atem, als sie die Schönheit der Nacht betrachtete denn sie sah anders aus; voller Leben und mit ihren eigenen Zügen der Dunkelheit. Lächelnd blickte sie zu Josef rüber.

„Gefällt sie dir?“ sagte er.

„Ja!“ sprach sie zögerlich.

„Diesen Anblick wirst du niemals vergessen können. Dein ganzes unsterbliches Leben lang wirst du ihr gegenüber stehen. Denn die Nacht ist unsere Mutter und sie umhüllt uns mit Dunkelheit, zum Schutze vor Vergeltung.“ er nickte zufrieden.

„Ich fühle mich komisch. So leer, so einsam und schwach!“

„Du hast Hunger. Trink von der Brust unserer Mutter. Trink sein Blut!“ Josef deutete auf Alex’ Gestalt.

„Wie soll ich das anstellen?“ sagte sie ängstlich.  Er nahm Alex’ Hand, ritzte seine Pulsadern auf.

„Komm und trink! Es wird dir gefallen.“ Sie nahm seine Hand und saugte.     

„Nicht so hastig! Lass dir Zeit denn das haben wir mehr als genug... das reicht jetzt, Filia.“

Er zog sie von Alex weg.

 „Du musst aufpassen, dass sein Herz noch schlägt. Denn du darfst niemals von den Toten trinken sonst bringt es dich selbst noch um.“

 Alex verlor seinen Lebensgeist und starb. Filia schmiegte sich an Josef und zitterte vor Kummer. Er verstand es und umarmte sie.

 „Nicht weinen meine Liebe. Denn das Leben fängt erst richtig an. Drum sei nicht von Trauer geprägt, sondern amüsiere dich an dem Leiden deiner Opfer und an die Hilflosigkeit, die sie haben werden, wenn sie dich in deiner vollen Blüte sehen. Es gibt noch so vieles zu sagen und ich werde dir mehr noch zeigen.“

 

Vergessen? Als sei nie etwas gewesen. Im Haus wart Stille, keine Musik und keine Gäste. Josef führte sie in einen Raum wo sämtliche Herrschaften und einige Jugendliche versammelt waren. In der Mitte stand eine Art Tisch oder Altar, auf denen Brandzeichen eingearbeitet wurden. Der Duft des Petroleums in den Fackeln wurde intensiver je näher sie dem Altar kam. Plötzlich fing ein Mädchen an zu weinen, Filia suchte Rat im Gesicht von Josef, der nicht gerade glücklich aussah. Verdutzt und auch ängstlich blieb Filia stehen und beobachtete interessiert das Geschehen. Nun wurden die jungen Männer und Frauen auf den Altar in Position gebracht. Filia rühmte sich und wollte nicht gehorchen. Doch er konnte sie beruhigen und hob sie auf den vorgesehenen Platz. Die Runde zeigte sieben Neugewonnene Vampire. Die Herrschaften gingen weit zurück bis an die Wand des Raumes und schützten ihre Augen mit dunklen Brillen oder Tücher.

An der Decke über dem Altar öffnete sich eine Luke und eine Glaskuppel kam zum Vorschein. Ein großer gebündelter Sonnenstrahl schien auf die sieben Vampire nieder und die Dunkelheit musste weichen. Der Altar leuchtete und alles schien zu glühen. Schreie durchzuckten Filia’s Körper und fünf andere Vampire fingen Feuer, verbrannten jämmerlich und zerfielen zu Asche. Filia wunderte sich über diese Reaktion auf das Sonnenlicht. Doch ein Junge blieb mit ihr unversehrt. Sie fixierten sich an und beide kamen sich in der Mitte des Geschehens näher, umarmten sich vor Angst und um sich selbst zu trösten. Ihre Unversehrtheit zauberte ein Lächeln in Josefs Gesicht. Zugleich wurde die Luke geschlossen und die Dunkelheit hatte sie wieder. Das Flüstern der Herren wurde langsam zu einem Jubeln: „Die Auserwählten, sie sind es wahrhaftig.“  Die Beiden, noch immer umklammert, wunderten sich über diese Worte. Doch freuten sie sich unheimlich des Lebens. Sie wurden beglückwünscht und gefeiert. Josef freute sich für die Beiden doch es hieß auch, dass er Filia loslassen musste. Denn er würde sie nie mehr so leidenschaftlich küssen können, wie in der vergangenen Nacht.

Das Jubeln verstummte und die meisten Vampire verschwanden in ihre Gemächer um somit den angehenden Tag zu schlafen und zu ruhen. Josef zog es noch einmal auf die Terrasse und schaute in den immer heller werdenden Nachthimmel hinein. Er sah auch über den Irrgarten hinweg und bemerkte, dass Andre und Filia noch draußen waren. Sie lachten und kicherten, liefen voneinander weg und fielen sich wieder um den Hals. Ein schönes Schauspiel. Mr. Carpendale kam ebenfalls auf die Terrasse und stellte sich neben Josef an das Geländer.

„Sie scheinen sich zu mögen, “ sagte er.

„Ja, das ist wohl offensichtlich. Die alte Schrift scheint recht zu behalten.“    

„Wohl wahr. Jedoch werden sie weitaus mehr machen, als nur plaudern. Ich habe euch beobachtet, wie ihr sie anschaut. Doch hat eure Liebe hier keinen Platz.“

„Ich werde es wohl ertragen. Die Sache hat aber auch ein Gutes. Ich kann mich auf meine eigentliche Bestimmung konzentrieren. Sie zu beschützen...“

„Sie und... ihr Kind.“ sagte Mr. Carpendale.

„Lasst ihr doch Zeit. Soweit ist sie noch nicht, denk ich doch. Jedenfalls ist es ihre Entscheidung, wann sie diesen Schritt wagt.“

„Ihr wisst aber schon, dass die alte Schrift auch hierbei Recht behält.“

Plötzlich bemerkte Mr. Carpendale, als er auf Josefs Hand schaute, dass der Schatten des Hauses den Sonnenstrahlen zurückwich und ihn verbrannten. Die Haut fing schon an zu qualmen doch Josef war so in seinen Gedanken vertieft, dass er den Schmerz nicht spürte.

„Ihr solltet nun schlafen gehen. Es ist schon sehr spät, “ sagte er und zeigte auf die Verbrennung. Josef nahm schreckhaft die Hand zu sich und ging ein paar Schritte zurück.

„Das werde ich auch tun.“ sagte Josef und verschwand durch die Tür. Mr. Carpendale schaute dem frisch verliebten Paar noch lange zu. Doch als es um sie still wurde, wusste er, dass sie inniger wurden, die Geschichte ihren rechtmäßigen Verlauf nahm und zog sich ins Haus zurück.

Die Beiden schliefen sehr lange in ihrem Schlafgemach. Doch Filia erwachte und stand auf. Sie tapste auf den Balkon zu und ließ ihn noch schlafen. Sie öffnete die gläsernen Türen, ging hinaus um die Sonnenstrahlen auf sich nieder scheinen zu lassen und den herrlichen Duft der Rosen aufzunehmen. Die Kletterrose wuchs an der Wand des Hauses empor und reichte bis zu ihrem Balkon. Nur mit Mühe konnte sie eine der roten Rosen abpflücken. Doch an diesem schönen Nachmittag richtete sich ihre Aufmerksam auf den Garten. Denn die Vorbereitungen auf die Hochzeit heute Abend lief auf Hochtouren. Es wurde ein riesiger Pavillon errichtet, zahlreiche Fackeln und Leuchten wurden von unzähligen Menschen in Position gebracht. Blumen, überall waren Blumen. Nelken in rot und rosa, Rosen in jeder Farbe die es gab, ach so viele Blumen hatte Filia schon lange nicht mehr gesehen. Sie lächelte und bestaunte das Ereignis. Plötzlich hörte sie wie Andre sich regte und ging gleich zu ihm. Sie sprang auf das Bett und hüpfte um ihn zu wecken. Doch er nahm sein Kissen und versteckte sein Gesicht darunter. Als sie das sah setzte sie sich auf ihn drauf und riss mit einem Mal das Kissen von ihm weg. Andre knurrte und wollte noch schlafen. Doch als er Filia’s Gesicht sah konnte er ihr einfach nicht böse sein. Und schon gar nicht an ihrem Hochzeitstag. Filia kam ihm näher und wollte ihn küssen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und etliche Frauen eintraten. Panisch wurde Filia von ihrem Mann herunter gerissen. Darauf sagte eine Dame: „Nicht küssen! Das bringt Unglück!“

Sie nahm sie bei Hand und verschwanden durch die Tür.

Andre schrie noch: „Wo bringt ihr sie denn hin?!“

„Wir machen aus ihr eine Braut!“ sagte die letzte Frau, die gerade durch die Tür gehen wollte. Mit diesen Worten schloss sie die Tür hinter sich und verschwand ebenfalls. Andre ließ sich ins Bett zurück fallen. Als die Tür abermals aufgerissen wurde, traten sämtliche Herren lautstark in das Schlafgemach hinein, als wäre es selbstverständlich.

„Na, wie fühlt sich unser Bräutigam an diesem schönen Tag?“ Er knurrte nur und wollte nicht glauben, was mit ihm da geschah.

„Wir möchten dich auf den Ernst des Lebens vorbereiten, “ sagte ein anderer. Während die Herren ihm eine dicke Zigarre in den Mund steckten, erzählten sie von ihren Ehen, Kinder, Liebschaften, Dreier - Beziehungen  und Scheidungen. In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass des länger dauern würde als erwartet. Bei den Frauen allerdings ging es nicht nur um Erzählungen sondern eher um die Braut zu verwöhnen. Die Damen kicherten und freuten sich für Filia. Sie ließen in eine Wanne warmes Wasser einfüllen, tropften noch duftendes Rosenöl hinein und gaben noch Blüten von weißen Rosen dazu. Filia ließ ihr Nachthemd zu Boden sinken und stieg in das herrliche Badewasser. Sie tauchte ganz hinein so, dass ihre Haare das Wasser aufnahmen und ihre Locken verschwanden. Einige der Damen erzählten ihr, wie es bei ihren Hochzeiten war. Andere wuschen sie sanft, pflegten ihre Nägel und Haare. Filia hörte ihnen aufrichtig zu und ließ sich mit wohlwollen verwöhnen. Sodann öffnete sich eine Tür und es wurden Brautkleider vorgeführt, die Filia nach dem Bad anprobierte.

„Sieht sie nicht wunderschön aus?“ sagte eine.

„Aber irgendwas fehl noch... ach ja, die Glücksbringer! Etwas Altes, Geborgtes, Blaues und etwas Neues!“ 

Die Dame, die bei diesen Frauen das höchste Ansehen hatte, holte aus einer Kommode ein Kästchen hervor und zeigte es Filia.

„Dies, meine Teure, ist etwas Altes.“

Sie öffnete das Kästchen und holte ein mit Rubinen besetztes Kollier heraus. Liebevoll legte sie es ihr gleich um den Hals.       

„Es gehörte einmal der Herrin dieses Hauses. Noch bevor wir das Licht der Welt erblickten ließ sie dieses Haus am Rande des Waldes errichten. Sie bekam das Kollier von ihrem Mann, ein sehr weiser Vampir, zu ihrem Hochzeitstag geschenkt. Es war allein für dich bestimmt, Filia. Von Anfang an so heißt es in der alten Schrift.“

Filia betrachtete sich noch lange im Spiegel und konnte es kaum fassen, dass es draußen schon dunkel wurde. Sie schaute aus dem Fenster und sah die vielen Fackeln und Lichter. Die Gäste waren auch schon da und selbst die mehrstöckige Torte stand unterm Pavillon und wurde lüstern bewundert. In diesem Augenblick riss jemand die Tür auf und schrie:   „Filia. Du bist ja noch hier oben.“ Erschrocken sah Filia zu ihm herüber.

„Komm schon mit, die anderen warten begierig auf deinen Auftritt.“

Sie nickte und zitterte gleichzeitig vor Nervosität. Er bot ihr den Arm und sie hakte sich ein. Als sie vor der schweren Tür standen ertönte die Musik des alten Orgelspielers und zwei vornehm gekleidete junge Herren öffneten die Flügel. Es war ein wunderschöner Anblick. Der rote Teppich, die vielen Leute, wie sie in Reihen saßen und sie anschauten, die Fackel an jedem Ende einer Bank. Man hörte sie flüstern: „Ist sie nicht hübsch?“ Schritt für Schritt gingen sie Richtung Priester und Andre, die am Ende des roten Teppichs standen. Andre löste Josef ab und nahm Filia bei Hand.

„Wir sind nun hier so zahlreich erschienen, um ein vorherbestimmtes Paar zu trauen, wie schon vor Jahrtausenden in der alten Schrift beschrieben wurde. Andre, möchtet ihr die dir traute Filia beschützen, sie lieben und ehren, in guten wie auch in schlechten Zeiten? So sage ja!“ sprach Priester Johannes.

„Ja, ich will.“ antwortete Andre ihm. Im Hintergrund hörte man eine Frau schluchzen.

„Und möchtest du, Filia, den dir trauten Andre ehren, lieben und bei Seite stehen, in guten wie auch in schlechten Zeiten, so antworte mit ja.“ sagte Priester Johannes und sah zu Filia rüber.

„Ja.“ sagte sie und schaute Andre lächelnd an. Eine weitere Frau konnte man schluchzen hören.

„Hat jemand noch was dazu zu sagen, der erhebe seine Stimme.“ Der Priester sah in die Menge. Stille kann so aufregend sein. Dann schaute er zu Josef, der seinen Blick abwendete. „Niemand? Kraft meines mir verliehenen Amtes benenne ich euch zu Mann und Frau, “ er flüsterte: „...die Ringe!“

Es wurde ein kleines Mädchen von nicht mal fünf Lebensjahren, die in ein Rüschenbesetztes rotes Kleid, mit einem Samtkissen wackelig in ihren kleinen Händen trug. Darauf lagen die zwei Ringe, die noch am Tag zuvor geschmiedet wurden. Tapsig kam die Kleine auf das Paar zu und grinste. Sie hielt das Kissen hoch und sie tauschten die Ringe aus.

„Sie können nun die Braut jetzt küssen.“

Andre küsste Filia innig und die Menge war sichtlich gerührt. Reis und Blumen flogen in ihre Richtung und die Musik von der Kapelle ertönte im lebhaften Rhythmus. Viel Speis und Trank wurde aufgetischt, geplaudert und gefeiert, bis die Nacht zu Ende war und die Sonnenstrahlen zum schlafen aufforderten. Eine heiße Nacht umgab das Schlafgemach, liebestrunken folgten sie dem Trieb...

Nach der wunderschönen Hochzeitsnacht, die sie am Tage durchführten wurde es so langsam doch wieder dunkel. Filia ging auf den Balkon, genoss den herrlichen Duft der Nacht, schaute in den Sternenhimmel empor und sah nach unten... es stand ein Kreuz, in umgedrehter Form welches sie noch nie bemerkt hatte, mitten im Blumenbeet. Eilig zog sie sich was an und ging hinunter um das Kreuz näher zu betrachten. Es war kühl, als sie die Tür zum Garten öffnete. Unter ihren Füßen merkte sie den groben Kies, ein Lüftchen erhob ihr Kleid und alles um ihr bewegte sich. Langsam ging sie auf das Kreuz zu, als plötzlich die Laternen erleuchteten und Licht in das Dunkel brachte. Sie sah einen Mann ans Kreuz genagelt. Filia streckte ihre Hand aus, um den Leichnam zu berühren. Doch plötzlich öffnete er seine Augen und Filia erschrak so, dass sie stolperte und fiel. Bilder schossen durch ihre unschuldigen Gedanken, Bilder von vergangenem, von Alex und ihre Liebe zu ihm. Es schmerzte so sehr, sie dachte er würde noch leben und Filia berührte ihn noch einmal.

„Alex?“ sagte sie mit leiser Stimme.

Doch er war kalt und steif, ohne jede Lebenskraft hing er da. Hektisch zog sie ihre Hand zurück und stand auf. Es tat so weh, dass sie weinend und vor Wut schreiend durch den Garten rannte.

Plötzlich fand sie sich in den alten Garten wieder und öffnete die Tür zur Bibliothek. In ihrem Wahnsinn zerstörte sie das Antlitz der Ruhe, welche die Bibliothek ausstrahlte und schmiss sämtliche Bücher vom Regal hinunter. Doch eines ganz oben, im roten Leder und so dick wie ihre Hand, rührte sich nicht. Filia wunderte sich und ihre Wut wich der Neugierde. Im schwebenden Zustand untersuchte sie das Buch. Der Titel trug: ,, Das Erbe der Finsternis“. Sie konnte das Buch nur nach vorne klappen und es hörte sich an, als würde sich eine Mechanik bewegen. Filia schaute sich um und sah, wie ein Regalstück sich öffnete. Sie schwebte nach unten und ging durch die dunkle Öffnung. Die Wendeltreppe wie die moosige Wand  war aus kaltem Stein und die Luft war ebenfalls eisig und feucht. Filia bekam Gänsehaut, als sie am Ende eines Ganges Licht bemerkte. Sie betrat einen Raum, der hell beleuchtet war. In der Mitte stand ein langer Tisch mit ungewöhnlichen Stühlen daran, an den Wänden hingen Bilder von alten Vampiren deren Augen sie verfolgten und weiter hinten war eine Tür zu sehen. Sie sah sehr geheimnisvoll aus, sie wurde mit Gold verziert und der Hebel glich einem Totemschädel. Filia drückte den Hebel und schob die schwere Tür auf. Ein Geruch von Weihrauch und Myrre kam ihr entgegen. Dieser sonderbare Raum wurde nur von Kerzen beleuchtet und eine Vielzahl an Räucherstäbchen benebelten die Wände. Filia nahm sich eine Kerze und ging an der Wand entlang. Eine Schrift, die sehr alt schien, kam unter dem Rauch zum Vorschein. Sie konnte es erst nicht lesen doch dann bewegten sich die Buchstaben wie von Zauberhand und Filia las. Sie verstand es nicht, denn die Schrift erzählte ihr Leben, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft.

 „In dieser Nacht ward ein Kind gezeugt, das für uns einen unschätzbaren Wert hat. Ihr Name ist noch ungewiss, doch nicht wer sie wirklich ist. Sie wird Verderben in die Menschenwelt bringen, sie ist die Prinzessin der Finsternis, unsere Hoffnung und unser aller Stolz.“

Filia konnte nicht mehr weiter lesen und kniete fassungslos vor der Tafel. In diesem Augenblick, sie merkte es kaum, kam Josef herein. Er sah sie an, wischte ihre Tränen ab und nahm sie tröstend  in den Arm.

„Das ist eine sehr alte Schrift. Niemand weiß ob sie die Wahrheit enthüllt“ sagte er.

„Aber sie wusste doch die Vergangenheit. Wie kannst du sagen, dass sie jetzt lügt?!“

„Komm mit mir, du solltest hier lieber nicht sein.“

Josef nahm sie bei Hand und führte sie aus dem Haus. Filia sträubte sich weiter zu gehen und floh in den Himmel hinein. Josef flog ihr hinterher schnappte sie und ließ Filia nicht mehr los.

„Lass mich gehen, “ sagte sie.

„Du brauchst dich nicht zu wehren. Es wird passieren, egal was du tust. Es wird geschehen!“

„Aber was ist, wenn ich es nicht will, wenn ich dieses Leben verachte, wenn ich alles hier verachte. Lass mich doch los.“

„Ausgeschlossen, denn mein Leben gebührt deinem Schutz. Dir und deinem ungeborenem Kind.“

Sie wollte sich losreißen doch er war stärker und zwang sie zu Ruhe und Vernunft.

„Mach es nicht noch schlimmer. Denn das tust du, wenn du dich aufregst.“

Die Zeit verstrich wie im Fluge und Filia gebar ihr vorbestimmtes Kind.

Filia’s Schreie hallten durch die unendlichen Räume des Hauses. An ihrer Seite stand Andre. Er wurde schon ganz blass, als Filia seine Hand noch fester drückte. Aber als dann der Kopf raus schaute brach er plötzlich zusammen. Sie trugen ihn nach draußen, wo schon die Herren des Anwesens ganz ungeduldig warteten. Auf ein Mal verstummte Filia’s Geschrei und die Tür wurde ruckartig von einer Frau geöffnet.

 „Es ist ein Mädchen!“ sagte sie aufgeregt.

Die Herren jubelten, gratulierten den Vater und  steckten Zigarren an. Die Freude war groß und es wurde gefeiert. Viele Gäste wurden geladen zu diesem siegreichen Ereignis. Die Vampire kamen von überall her, sowie ihre Dienerschaft, die sämtliche Koffer mit sich trugen. In einem großen Saal, wo Säulen die bemalte Decke stützten und die kleine Janny mit ihrer Mutter auf einen Thron sich zeigten. Nun kamen die Herrschaften in Paaren herein und wurden Vorgestellt. Sie verneigten sich vor ihnen und gaben einige schmeichelnde Worte von sich. Als nun jeder sie sehen konnte, wurde ausgelassen gefeiert, mit Musik und Tanz in alter Tradition. Doch Filia war es vergönnt mütterliche Gefühle zu zeigen und somit überließ sie ihren Zofen die Kleine Janny. Während Andre mit Filia viele Ausritte unternahmen, kam deren Liebe für die Kleine zu kurz und Josef nahm sich ihrer an. Sie wuchs in den hohen Kreisen dieser Familie auf, genoss das Ansehen, dass sie hatte, schamlos aus. Während Josef versuchte auf sie aufzupassen, machte sie daraus ein Spiel und lief ihm schelmisch lachend davon. Unter Tische, Bänke, durch Türen und Gemächer ging die allseits bekannte Jagd der Beiden. Sie versteckte sich unter Betten, in Schränken und im Garten des Anwesens. Jedes Mal, wenn er sie gefunden oder gefangen hatte, wurde sie erst durch gekitzelt dann nahm er sie mit in seine Räumlichkeiten. Dort lehrte er sie ihre kommende Macht zu nutzen und zu lieben, was sie sei. Selbst in ihren jungen Jahren konnte sie schon einiges verzaubern.  Janny machte den Wein zu Wasser, ließ Türen auf und zu knallen, spielte Wind und ermöglichte so manchen Blick unter feinen Damenröcken. Alles nur zum Spaß und zu ihrem Vergnügen. Das Töten konnte sie noch nicht begeistern genauso wie das Trinken von Blut. Doch das Alter verging und sie trank es von jedem, den sie verlangte. Doch nach und nach folgte sie ihren eigenem Geschmack und nahm das wohlschmeckende Blut reiner Generationen und aristokratische Wohltäter. Sie wurde zu einem finsteren Engel, so, wie es in der alten Schrift geschrieben stand.

Doch ach und weh, wer hätte das gedacht. Das Haus verbrannt in einer Vollmondsnacht. Und jener kühne Retter trug das zierlichste Wesen, das auf Erden wandelt. Das auch das mächtigste, ehrfurchtsvollste Böse sei, in seinen Armen lag und entfloh vor dem gefräßigen Feuer. Er entschwand mit ihr, der Nebel bat ihnen Schutz und der grelle Mond leuchtete ihnen den Weg.

 

Jeden Morgen wurde sie von dem Rattern des Frühstückwagens geweckt. Wildes Treiben fing im Gang an zu toben. Eric war der häusliche Arzt und Freund ihrer verdammten Seelen. Er brachte das Essen und kontrollierte gleich die Gefangenen nach Verletzungen, die sie nur all zu gerne sich selbst zufügten. Er schloss die Zellentür auf und brachte das Essen herein. Verschlafen reckte und streckte sie sich, als Eric sie weckte.

 „Guten Morgen, Janny.“

Misswillig zog sie die Decke über den Kopf und zeigte ihm somit die kalte Schulter. Auf einmal riss Eric die Decke weg, schnappte sie und klatschte ihren gelähmten Körper gegen die Wand.

„Hörst du nicht auf mich, so muss ich dir wehtun. Du kennst das Spiel, doch leider scheint dir das nichts auszumachen.“

Janny begegnete ihm mit einem breiten Lächeln und zeigte somit ihre Zähne.

„Du kannst mir nicht wehtun, Eric Ich bin seelenstärker.“

„Ist ja schon gut. Hier steht dein Frühstück, also enttäusch mich nicht!“         

„Warum sollte ich das tun?“

Sie blickte auf das Tablett und traute ihren Augen nicht. Wann hatte sie zuletzt ein Mahl mit Messer und Gabel essen dürfen?

„Das ist deine letzte Chance es zu beweisen, dass du Fortschritte machst. Nutze sie sorgfältig und denke nach bevor du handelst. Ich kenn’ dich doch, Janny!“

„Wenn du mich kennst, dann sag mir wer ich bin!“ Er schüttelte mit dem Kopf, zuckte die Schultern und verließ die Zelle. Janny schaute auf das Frühstück, sah das stumpfe Messer und spielte mit den Gedanken es zu tun. Sie setzte an... doch hörte sie ein paar Schritte, die die Dielen zum knirschen brachten. Sie wurden immer lauter. Janny drehte sich um und sah einen Schatten auf sie zu kommen. Die Gestalt war von männlicher Natur, hoch gewachsen mit einem schwarzen Umhang und mit einem typischen Zylinder.

„Endlich habe ich euch gefunden...und bei Filia, ihr seht eurer Mutter ähnlich.“ sagte er mit einer mysteriös sanften Stimme.

In diesen Augenblick stürzte sie sich zur Zellentür.

„Wissen sie etwas über meine Eltern?“ er schaute sie bewusst und musternd an.        

„Wer sind sie? Woher kennen sie meine Mutter und wo ist sie?“

Ihre Augen blitzten vor Aufregung und Neugier, wie nie zuvor.

„Ich bin gekommen um euch alles zu erzählen, was ich weiß ...unverblümt. Ihr müsst mir nur euer Vertrauen schenken.“

Janny nickte und wagte nichts mehr zu sagen. Sie lächelte schelmisch, als er den blutverschmierten Schlüssel des toten Wärters zückte. Er befreite sie leise von der zwingenden, erdrückenden Zellentür.

„Folgt mir.“

Sie stiegen beide in den Keller hinab und flohen durch die Kanalisation. Die Dunkelheit der Gänge verschleierte die Hässlichkeit, welches dem Gestank mehr Ausdruck verliehen hätte. Von der Decke tropften ekelhafte Sekrete herab und das Abwasser durchkämmten Ratten nach Essbarem. Nach einigen qualvollen Minuten der Verzweiflung, dass sie sich in dem Tunnelgewirr verirren würden, traten sie aus dem rohrähnlichen Tunnel heraus. Sie fanden sich in einem Wald wieder, es regnete in Strömen und es herrschte eisige Kälte. Janny zitterte wie Espenlaub. Da sie so gut wie nichts anhatte legte der Fremde seinen Umhang um sie und schützte Janny somit vor dem Regen.

„Ich zeige euch nun wo eure Eltern weilen. Habt keine Angst vor der Wahrheit.“

Sie durchstreiften den Wald, der gespenstisch dunkel und diesig war, bestiegen einen Berg und fanden einen gepflasterten Weg. Er führte zu einem Tor mit einem Schild, worauf stand: „Nordfriedhof“ Er öffnete quietschend das verrostete Tor, stutzte und versuchte sich zu erinnern, welcher Weg der richtige  war. Dann blieb er stehen und las die Inschrift auf die Gruft: „Hier ruht das Vermächtnis der Familie Immortalis“ Janny sah ihn verwundert an doch folgte sie ihm blind, da ihr Blick den Boden betrachtete, wusste sie nicht, wie ihr geschah. Er stieß die steinerne Pforte zur Seite und betrat das trockene Innere der Gruft, sie gingen die Stufen hinab und Janny versuchte zu erkennen. Zugleich zündete er eine Fackel an und sämtliche Kerzen in diesem Raum. Sie schaute sich beängstigend um und erstarrte fast bei dem Anblick der vielen Urnen und Särge. Er sagte ihr gleich ohne sie dabei anzuschauen.

„Setzt euch bitte, “ drehte sich zu ihr und sah wie sie suchte.

„Oh, verzeiht mir.“

In der Ecke standen ein paar Stühle für die Angehörigen zum beten und trauern. Der Stuhl sah schon sehr zerbrechlich aus und war mit dickem Staub überzogen. An den Beinen hingen ebenso viele Spinnweben wie in dem ganzen Raum auch. Er wischte mit seiner Hand über die Sitzfläche, klatschte den Staub von den Händen und ließ sie sich setzen. Erwartungsvoll schaute sie ihm zu, wie er sich entkleidete. Er fuhr sich durch seine strohblonden Haare und wischte sich den Regen aus seinem Gesicht. Er setzte sich ihr gegenüber, musterte sie mit seinen himmelblauen Augen und lächelte. Sie sah einen Augenblick seine Reißzähne und zuckte kurz zusammen. Er fing an zum Reden währenddessen er sich überlegend umschaute.

„Es geschah vor langer Zeit. Ich fand ein junges Mädchen, das ganz alleine war, genau wie ich. Ich nahm sie bei mir auf und bot ihr Schutz und Liebe, die sie sonst nie gehabt hätte. Filia, so nannte ich sie wuchs bei mir auf und wurde eines Tages zu deiner Mutter. Andre, so hieß dein Vater. Es gabt eine alte Schrift, die besagte: dass es eines Nachts zwei Vampire geben würde, die den Gesetzen trotzen und Sonnenlicht vertragen. Die Prophezeiung hatte sich also erfüllt. Sie waren Seelengefährten und so liebten sie sich innig und wahrhaftig. Sie zeugten eine Tochter. Sie sollte es sein, wie in der alten Schrift beschrieben war: Die Göttliche, so hieß es, soll die Menschheit bekehren um den Vampiren den Vortritt zu lassen. Das Mädchen soll in der Zukunft reine Vampire erschaffen können, wir würden auf der gesamten Welt die Herrschaft erlangen und niemand bräuchte sich mehr zu verstecken. Doch dann geschah das Unvorhersehbare, das Haus in dem wir lebten verbrannte. Viele Vampire starben, einschließlich Filia und Andre. Ich konnte glücklicherweise noch euch rechtzeitig aus den Flammen retten. Doch ihr wart noch so jung als dass ich euch hätte aufziehen können. Ich musste euch also geübten Händen überreichen und hoffte, dass ihr nicht zu viel von eurer Macht preisgeben würdet. Ich war schon oft bei dir, nachts lauerte ich vor eurem Fenster und lauschte deinen Träumen. Doch ihr wart noch nicht bereit dafür und es schmerzte zu sehen, dass ihr eure Herkunft vergessen habt und eure Fähigkeiten verlerntet. Janny, ihr seit mehr als nur ein Vampir, ihr seit die Prinzessin der Finsternis, die Göttliche, unsere Hoffnung auf Frieden und Herrschaft.“

Josef kam ihr näher und nahm ihre zitternden Hände in die seine. Sie schluckte und wollte nicht begreifen.

„Nein, das ist nicht war! Ihr wollt mich nur meiner Seele berauben, damit ich euch ohne weiteres folge und ich habe keine Lust euer Frühstück zu sein!“ 

Sogleich zog sie ihre Hände aus seiner Obhut, stand auf und rannte aus der Gruft.  

„Das würde ich niemals tun, Janny. Bitte vertraue mir!“ rief er ihr hinterher.

 

Kein Tropfen kam mehr vom Himmel nieder denn die Sterne hatten die Übermacht und vertrieben die dunklen Wolken dieser Nacht. Doch nun zogen schwere Nebelschwaden über den Friedhof und es sah so aus als würde er an den Gräbern klopfen um die Toten zu wecken. Ein Kälteschauer lief Janny den Rücken hinunter. Sie irrte ruhelos umher, versuchte sich zu orientieren und hoffte, dass Josef ihr nicht folgte. Janny spürte wie nass und kalt der Boden war, nun wurde ihr bewusst, wie schmerzhaft es war wenn sie in Glasscherben trat. Wie konnte sie auch nur ihre Schuhe vergessen. Sodann fand sie eine kleine Kapelle und trat ein. Der Schlag der Tür hallte durch den Kerzenbeleuchteten Saal, der viel größer aussah als er es wirklich war. Dieser wurde von einigen Säulen gestützt, die sich in der Mitte der Decke wieder trafen und bunte Fenstergläser spiegelten vergangene Vergeltung wieder. Sie tapste durch die Reihen direkt auf den Altar zu und hinterließ eine Spur von Blut und Schmutz deren Abdrücke ihrer zitternden Füßchen trugen. Vor dem Altar blieb sie fassungslos stehen, schaute zu der Statue hoch und kniete sich hin.

Janny war von unzähligen Kerzen umringt, die sie in ein wundersames Licht rückten. Bald sah es fast so aus als würde die Maria das weinende Wesen verstehen und in ihre Arme nehmen wollen um zu trösten. Wie sollte sie nur dies arme Ding vor dem Bösen beschützen, dass sie so eifrig nachging? Unbedacht und leise ging Josef an sie heran. Ahnungslos betete sie.

„Oh liebe Maria, Mutter Gottes was habe ich denn nur so schlimmes getan, dass du mir nicht helfen kannst!? Es tut so weh was er zu mir gesagt. Siehst du denn nicht, wie es mir hier unten ergeht? Schick mich zu dir ... das wünsche ich mir ja so sehr. Ich möchte keine Tochter des Bösen sein denn lieber wäre ich deine! Was soll ich nur tun? ... Bitte ... was soll ich nur tun.“ 

Die Kerzen flackerten, als würden sie vor etwas warnen. Ihr kümmerte es nicht und ließ die Tränen wie ein warmer Sommerregen die Wangen hinunter rollen, da sie nun wusste was auf sie zukam, schreckte sie auch nicht auf, als Josef ihre Schulter berührte. Sie schaute zu ihm auf und würde wohl jedes herzlose Wesen mit diesem leidvollen Blick erweichen. Er hockte sich neben sie und nahm sie ganz sanftmütig in den Arm.

„Scht, habt doch keine Angst. Ich möchte euch helfen das Schicksal zu begreifen und ich bin immer für euch da, egal was passiert. Es wird für euch nicht einfach sein das ist mir bewusst. Doch ich bitte euch, mir zu vertrauen.“

Ohne ein weiteres Wort ließen sie die kleine Kapelle allein zurück.

Draußen klärte sich der Himmel und er erschien im morgendlichen rot. Die Vögel fingen schon an ihr alltägliches Morgenlied zu singen während die Fledermäuse schon längst im Schlafe sich wiegten. Er richtete das Schlafgemach zu Recht welches ein großer Sarg war.

„Ihr habt doch sicherlich Verständnis, dass meine Nacht nun beginnt und ich der Ruhe bedarf. Wenn ihr es wünscht, werde ich euch noch vieles erzählen, wenn ihr euch zu mir legt.“

Sie war etwas angewidert von den Gedanken, da es ein Sarg war und dass sie darin sich legen sollte. Doch ihre Neugier war zu groß, wollte mehr noch wissen und stieg ihm nach. Der Deckel schloss sich von Zauberhand und es wurde dunkel.

„Wisst ihr, ich habe eure Mutter geliebt doch die alte Schrift bot mir ein anderes Schicksal an, euch beschützen und zu ehren.“

Liebevoll und zitternd küsste er sie leidenschaftlich. Er atmete tief ein und aus, sein Herz pochte rasend schnell doch Janny konnte fühlen wie er sich beruhigte. Dann schüttelte er leicht den Kopf und verwies diese Gedanken von sich. Sie sah ihr so ähnlich, ihre Stimme, ihre Lippen und ihre Gesten. Doch er vergaß nicht, was er zu tun hatte, sie würde auf ewig sein Schrein der Anbetung sein und niemals würde er ihr wehtun und schon gar nicht so. Es war fern aller erlaubten Dinge und so erzählte er Janny von ihrer gemeinsamen Zeit und sie versuchte sich an das gelehrte zu erinnern. Doch ihr Blick war traurig und gebrochen obwohl sie eigentlich genauso gut glücklich sein konnte. Ein Wechselbad der Gefühle, welches sie sich aber kaum leisten konnte, da sie jetzt stark sein musste.

In der kommenden Nacht flogen sie in die Stadt.

„Dort werdet ihr es sehen, dass sich das Schicksal für euch entschied.“ sagte Josef. Er hielt auf einem Dach an und klopfte an ein Fenster, das dort hervortrat. Eine zerzauste Gestalt kam zum Vorschein und verdrehte die Augen, als er ihn erblickte. Widerwillen öffnete er das Fenster.

„Guten Abend, werter Herr. Ich hoffe ihr erkennt mich noch. Könnt ihr mir mit eurer wonnigen Gastfreundlichkeit behilflich sein?“

„Warum geht ihr denn nicht auf den Friedhof wie sonst auch. Ich möchte schlafen!“

„Das kann ich ihr doch nicht antun. Sie braucht das Bett der Ruhe und Erkenntnis.“

Dem Mann stockte der Atem, als er sie sah.

 „Die Brut der Auserwählten fand ich vor kurzem in ihrer Blüte stehe. Drum stehe ich nun hier und bitte dich um Einlass!“

Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden ließ er sie eintreten. Es ist nicht besonders warm in seinem Haus, doch in der Wohnstube flackerte ein Feuer im Kamin. Der Mann stellte hektisch Kerzen auf, um mehr Licht in die triste Dunkelheit zu bringen lief er von einer Kerze zur anderen. Josef half ihm mit einer kleinen Geste, sogleich erstrahlten alle Kerzen und nun konnte man das wohl bescheidene Haus betrachten. Ehrerbietig zeigte er ihnen das Schlafgemach, überreichte ihr noch eine brennende Kerze und eilte in sein Gemach. Janny schaute sich um: Ein einfaches Bett aus Holz mit Daunenkissen und einer Steppdecke, ein kleiner Tisch mit einem Hocker, an der Wand einen Spiegel und drei Fenster, die mit schweren Vorhängen behängt waren. Josef öffnete sogleich einen verzierten Schrank und legte einige Kleidungsstücke auf das Bett nieder. Doch sie schaute aus dem Fenster. Draußen war es finster nur einige Laternen, die auf die Strasse leuchteten, gaben ein diesiges Licht hernieder. Janny traute ihren Augen kaum denn es fing an zu schneien. Wie Puderzucker legte er sich auf die Dächer der Stadt und auf den gepflasterten Strassen glitzerte es sonderbar. Sie lächelte verträumt und merkte kaum, dass Josef hinter ihr stand und mit sanfter Stimme flüsterte: „Wunderschön.“

Janny sah ihn nun im Fenster sich spiegeln.

„Bald werdet ihr euch an alles erinnern und mehr noch. Denn hier beginnt der Pfad, den ihr beschreiten werdet und ein Weg der Zukunft ist es wohl. Bitte zieht dies an, damit ihr nicht friert.“

Das Spiegelbild verschwand, sie drehte sich um und wie das Abbild ist auch das Gegenstück verschwunden. Janny ging an das Bett und musterte die rausgelegte Kleidung: viel war es ja nicht, doch samtig weich, aus grüner Seite wohl. Sie zog es sogleich an und betrachtete sich im Spiegel, steckte noch das wilde, rote Haar zurück und legte die Lederbänder um Arm, Bein und Hals.

„Seit ihr soweit?“ er klopfte an der Tür.

„Ja.“ sagte sie.

Josef kam in das Schlafgemach, gefolgt von seinem Gehilfen, der sich ebenfalls zurechtgemacht hatte: er hielt in der einen Hand ein altes Buch und in der anderen einen Schlüssel. Er lächelte und war erstaunt und gefesselt von ihrer Anmut. Janny lächelte zurück und blickte zu Josef auf.

„Was wird nun geschehen?“

„Habt keine Angst, alles wird gut. Folgt ihm.“

 Sie nickte und der Mann ging langsamen Schrittes durch den Gang, die Stufen hinunter, bis zu einem Torbogen, der schon lange von Spinnweben verhangen war. Der Mann hob eine Fackel aus der Verankerung an der Wand und hielt diese Josef hin. Für ihn war es ein leichtes diese zu entzünden und rollte kurz mit den Augen. Die Spinnweben verschwanden über dem Feuer und der Durchgang war wieder passierbar. Die Dunkelheit war erdrückend und man konnte kein bisschen sehen. Doch der Mann wusste ganz genau, wo er hin musste. Er lehnte die Fackel an einem Vorsprung in der Wand und ein Flammenmeer brachte Licht herein. Die Flammen erstreckten sich den Gang entlang, hin zu einem großen Saal, der Rund erschien. Sie gingen weiter und Janny betrachtete die bemalte Wand, die Bilder zeigten einen Krieg, zwischen Menschen und Vampiren. Der Mann zückte den Schlüssel und steckte diesen in eine Ritze zwischen den Steinen. Es polterte und aus dem Boden kam ein Sockel hervor, der sich in drei Stufen aufteilte und einem Altar. Der Mann stellte Kerzen auf und Josef entzündete sie. Janny wusste nicht, was zu tun war und schaute die Beiden an.

„Habt keine Angst, es geschieht euch nichts böses“ sagte Josef und führte sie zu dem Altar.

„Legt euch hier nieder und schlaft.“

Sie konnte ihm nicht widerstehen und gehorchte. Mit leichten Schritten erklimmte sie den Altar und legte sich auf den Rücken. Josef kam an ihr Kopfende und strich ihr über die Stirn, die darauf drei grüne Striche aufwies. Danach kam der fremde Mann und las murmelnd aus dem Buch. Es schien, als ob eine Energie von ihr ausging, Blitze zuckten durch ihren Körper, sie bäumte sich auf und schrie. Doch als sie sich an den Schmerz gewöhnt hatte, lag sie ruhend da und in ihr zeigten sich Bilder von Vergangenen Taten. Aus dem alten Gemäuer kamen geisterhafte Gestalten, die sich an ihr zu schaffen machen wollten. Josef konnte sie abwehren, doch diese elenden Seelenfänger waren zäh und kamen wieder. Als dann aber die Stimme aufhörte und das Buch zugeklappte, verschwanden auch diese Biester. Völlig außer Atem  kauerte Josef noch über ihrem Körper und bot ihr Schutz. Er sah sie gespannt an, rief ihren Namen und schaute dann um sich, ob noch Geister in der Nähe waren. Er löste sich von ihr und schaute sie erwartungsvoll an. Plötzlich schoss Janny auf, bis an die Decke flog sie und schrie. Weinend flog sie dann in Josefs Arme, der sie sanft festhielt.

„Ich bin doch da, scht ... weine nicht.“

„Was ist mit mir geschehen?“ sagte sie.

„Ihr habt nun eure Vergangenheit, die eurer Mutter und eines jeden anderen Vampirs in euch. Ihr birgt nun unser Vermächtnis unsere Geschichte. Nein... ihr seit unsere Geschichte, unsere Hoffnung, unsere Göttliche.“

Er neigte demütigst sein Haupt und stieg von dem Altar. Ein wundersames Leuchten ging von ihr aus und stand nun königlich und anmutig da. Der Mann kniete zu Boden und verehrte sie, murmelte ehrenhaft ihren Namen und schaute sie nicht an. Josef aber beugte sich nicht, wand nur seinen Blick ab.

„Was passiert nun?“ fragte Janny und ging auf ihn zu.

„Ihr werdet eure Macht entfalten. Lernen sie zu benutzen und zu zügeln.“

Sie nickte und würde ihm wohl überall hin folgen …

und das tat sie auch.

Er führte sie zu seinem Meister, der am Rande der Stadt sein Anwesen hatte. Josef wollte klopfen doch die Tür öffnete sich von selbst. Sie traten herein und suchten das Beleuchtete Zimmer, das man schon von weitem sah. Das Haus war so alt,  dass es in jeder Ecke knarrte. In diesen alten Gemäuern konnte es ja nur spuken. Kaum wurde dieser Gedanke verschwendet schon knallte eine Tür nach der anderen zu. Janny zuckte kurz doch gingen sie beständig weiter. In einem kleinen Zimmer wurden sie fündig denn Josefs Meister steckte gerade seine Nase in sämtliche, alten, dicken Büchern. Janny schaute verwundernd auf die lesende Gestalt und fragte sich warum so ein alter Mensch die Zeit noch findet diese vielen Bücher zu lesen, die bis an die Decke hoch gestapelt lagen. Er schaute auf und er kam zum Vorschein. Janny erschrak und brachte kein Wort mehr heraus. Sie hatte ihn sich wirklich anders vorgestellt; alt, zerbrechlich mit weißem Bart und schwarzer Robe. Doch er war jung und anmutig.

„Welches Begehr habt ihr, mein ehrenwerter Freund?“

„Bildet sie aus denn du bist der Beste in diesem weiten Land.“

„Welche Kunst beherrscht sie denn nicht? Sie ist ein Vampir mit genügend Fähigkeiten die dich ansprechen müssten.“

„Sie ist anders!! Wie in der alten Schrift beschrieben, ist sie der Auserwählten Brut. Ihr Geist muss noch geweckt werden. Niemand kann das besser als ihr.“

         „Was ist, wenn ich es nicht möchte, wenn das alles hier sinnlos ist?“ sprach Janny eifrig.

„Du törichtes Wesen wer glaubst du wer du bist? Deine Verantwortung der Vampire und der Menschheit ist so groß, dass kein Ozean deiner Mächte gewachsen ist. Es gibt kein: „Wen nehmen wir heute?“ Es gibt nur dich! Verstehst du? Du hast keine andere Wahl. Es ist deine Bestimmung deinem Schicksal nachzugehen...“ Eingeschüchtert sah sie auf den Boden und versuchte Ruhe zu bewahren. Er kramte ein paar verstaubte Bücher hervor und sagte während er diese in Janny’s Arme drückte.

„Lies das! Du wirst es schon noch brauchen. Es sind die wichtigsten Regeln dieser Kunst. Ich werde sie dir sicher noch erklären.“

Er rief nach seinem Diener, der sie in ein Zimmer führte.

Janny ging in ihr Schlafgemach, gefolgt von Josef, um sich durch den Stapel voller Wissen durchzuarbeiten. Ohne eine Pause las sie diese Nacht und zwei weitere mit deren Tag, doch nun war es soweit der praktische Unterricht begann. Ihr Meister wartete schon wissbegierig, welche Fähigkeiten Janny entwickeln würde. Ganz müde und fertig von dem vielen Lesen tapste Janny mit den Büchern in das Arbeitszimmer. Sie staunte, da jedes Buch  geordnet an seinem Platz stand. Janny packte die ihre verbliebenen Bücher auf den Tisch und wartete auf ihre erste Lektion. Plötzlich flog eine Krähe durch das halboffene Fenster und setzte sich auf den Lampenschirm nieder. Janny zögerte doch dann streckte sie ihre Hand um der Krähe das schwarze Gefieder zu streicheln.

„Du kannst froh sein, dass du eine Krähe bist und bei Gefahr wegfliegen kannst. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“

Plötzlich ertönt hinter ihr eine Stimme voller Flair und Grazie.

„Du kannst es wenn du es willst, Kleines.“

„Wie meint ihr das?“

„In deinem Inneren besitzt du diese Kraft genau wie ich. Nein, viel größer noch. Ich bin für dich da um dir zu helfen diese Kräfte zu wecken. Nun gut! Setz dich hin und ich erkläre dir zuerst die Regeln.“

Ohne ein weiteres Wort zu sagen setzte sie sich auf den Stuhl, der auf einmal da stand, wo vorher der Schreibtisch sein Leben verbrachte.

„Regel Nummer eins: Du machst was ich dir sage, ohne zu fragen. Regel Nummer zwei: Du fragst, bevor du etwas tust. Regel Nummer drei: Du tust es.“ 

Sie nickte und hörte ihm aufmerksam zu.     

„Es sind zwei Arten von Macht möglich: die eine passiert bewusst und die andere passiert einfach so, ohne dass du es möchtest oder gar weißt. Dazu kommen die drei Formen des Zauberns: Die Erste ist durch einen Zauberspruch etwas zu verändern. Wie Abrakadabra , dreimal schwarzer Kater... so was in der Art. Die zweite Form ist durch eine  bestimmte Handbewegung einen Zauber hervorzurufen.“

Er schwang die rechte Hand und die Kerze brannte.

„Die dritte ist, nur mit den Gedanken etwas auszulösen:“

Mit seinen Gedanken verwandelte er das Zimmer in einen Garten und Janny saß auf einen Springbrunnen.

„Und jetzt probiere du es!“

Janny gab ihr Bestes um ihn und Josef  stolz zu machen. Sie lernte viel, zuviel als dass es ihr lieb war. Der letzte Schritt war, dass sie Lebewesen, Mutanten, Geister und schließlich Vampire herstellen konnte. Doch ihr missfiel der Gedanke Vampire zu erschaffen, die einen Willen haben. Sie fasste es anhand eines Spieles auf doch wurde es immer ernster.

„Nein, nein, nein!! Du sollst dem Vampir den bleibenden Lebenswillen einhauchen! Kannst du das denn nicht verstehen, oder willst du es nur nicht!?“

         „Wozu soll das denn gut sein? Welchen Zweck wollt ihr mir aufzwingen?“ 

        „Dem Zweck wonach du gerichtet bist. Deine Bestimmung ist es, wie die alte Schrift auch, dass du es kannst und vollziehst.“

         „Aber sie bringen den Menschen den Tod und mich macht das traurig.“ 

        „Verdammt noch mal! Tu es endlich! Du musst es! Und zwar ist es dir nicht erlaubt dich dem zu entziehen. Tu es! Komm schon ich weiß, dass du es kannst und du auch. Mach was!“

Sodann erblickte sie die Freiheit durch das offene Fenster. Fliegen konnte sie schon lang und so erhob sie sich aus seinen Fängen um durch das Fenster zu entkommen. Ihr gelang es auch auf Anhieb und entfloh seiner Boshaftigkeit um in Frieden zu Leben. Plötzlich kam Josef in das Zimmer und wollte nachsehen, wie es mit ihr stand. Er sah sie noch, schrie ihr hinterher und stand wie gelähmt vor den offenem Fenster und sah ihr noch lange nach... bis sie in den Wolken verschwand.

         „Wie zum Teufel konnte das passieren?“ sagte er wütend.

         „Sie hat sich geweigert. Sie wollte es nicht tun...“

„Was habt ihr getan?“

„Ich habe sie eingeschüchtert um mehr Respekt vor der Sache zu erlangen.“

„Warum habt ihr sie denn nicht aufgehalten? Sagt bloß sie war zu schnell für euch?“

„Na ja...“  

Josef ließ sich verzweifelt in einen Sessel fallen und verbarg sein Gesicht.

 

Den Sonnenaufgang entgegen flog sie aufgelöst über das Land. Ihre Kräfte verließen sie nach einem langen anstrengenden Flug und ließ sie zu Boden sinken. Sie fiel einem jungen Mann vor die Füße, schien bewusstlos zu sein und verletzt. Er hob sie auf und trug sie in ein gelegenes Dorf.

Als Janny ihre Augen öffnete, sah sie sich in einem Fremden Haus wieder. Klein und unscheinbar mit Kamin, indem schon eifrig ein loderndes Feuer knisterte. Sie lag auf einem Fell vor dem Kamin, in der Küche schien Licht und man konnte jemanden poltern hören. Ein junger Mann kam zu ihr.

„Oh, ihr seit schon wach? Verzeiht meine Ungeduld aber ich dachte mir, dass ihr vielleicht etwas essen wollt und...oh, ich habe hier im Schrank noch einige Sachen, “ er öffnete einen Kleiderschrank und hielt das eine oder andere Hemd heraus.

„Nun sie scheinen wohl zu groß zu sein, doch sie halten warm.“

Janny nahm die Sachen entgegen und nickte dankend. Er nickte zurück und lächelte nervös.

„Oh, verzeiht.“

Dann ging er wieder in die Küche und machte das Essen zurecht. Er kam wieder und verharrte einen Moment, schaute sie sich ganz genau an und entdeckte ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie trug ein ihr viel zu großes Hemd das ihr bis zum Knie reichte. Sie sah so sauber aus, als...

„Ich habe mich gewaschen... ich hoffe es missfällt euch nicht, weil ich euch nicht gefragt habe.“

„Ja, ich meine nein. Ähm, hier sind noch ein paar Kerzen. Das Essen ist gleich fertig.“

Er ging wieder in die Küche und bereitete das Mahl zu ende. Sie zündete derweil die Kerzen an und machte es sich vor dem Kamin auf dem Bärenfell gemütlich. Der junge Mann trug einen Topf bei sich, stellte ihn auf den Tisch, holte noch Teller und Löffel. Er sah sie lieblich schlummern und das Feuer bot ihm ein Schattenspiel, welches das knistern der Glut noch unterstützte; es war so romantisch und sie war so... schön anzusehen. Er nahm sie in die Arme und trug sie ins Schlafgemach. Ließ sie sinken und deckte sie ganz sachte zu. Der Mond schien hell durch das Fenster, er ließ auch draußen die Nacht zum Tag erscheinen und der Wolf heulte vor sich hin. Er nahm auf den Stuhl neben dem Bett platz und bewunderte ihre Schönheit und fragte sich warum ein liebliches Geschöpf wie sie so einsam sein konnte. Aber er blieb nicht allein denn Morpheus brachte ihm den Schlaf. Schon früh am Morgen wurde sie durch die ersten Sonnenstrahlen aus ihren wohlbekannten Träumen entrissen. Sie schaute sich um und sah ihn noch schlafen. Die Sonne kümmerte ihn nicht, er drehte sich um und ruhte weiter. Sie musterte ihn und sein maskulines Gesicht das durch seine dunklen Haare unterstrichen wurde. Er war ihr auch nicht unangenehm und roch ganz süßlich, dies schätzte sie und fühlte sich in seiner Nähe wohl. Aufgeweckt ging sie auf die Terrasse, streckte sich und beobachtete die Natur. Sie nahm den Duft auf und erschrak zugleich denn eine Krähe ließ sich auf den Zaun nieder und beunruhigte sie. Sie ging ein paar Schritte zurück. Ihr stockte der Atem als die Krähe auf sie zustolzierte.

 „Was wollt ihr? Lasst mich doch in Frieden.“

Von diesem Schreien wachte der Junge Herr auf und sah sie. Sie und eine Krähe? Es war so, als ob die Krähe sich vor ihr verbeugte um ihren Respekt zu erweisen. Die Krähe kreischte und sie konnte es verstehen.

„Warum sollte ich das tun?“

Die Krähe wollte sich auf ihre Schulter setzen um ihr Diener, ihr Leibwächter zu sein. Sie wollte es unbedingt!

„Wie kommt ihr denn darauf? Ich meine warum ausgerechnet ich?“

„Sie sind die Auserwählte, die Königin unseres Seins.“    

„Ich weiß nicht wovon ihr sprecht!“

Sie drehte sich um und sah in die braunen Augen des jungen Mannes. Der Krähe kümmerte es nicht. Im Gegenteil sie setzte sich auf ihre Schulter und krächzte.

„Er ist ein Geschenk des Himmels, doch bringt er ihren Tod, eure Herrlichkeit!“

„Das war niemals meine Absicht, du törichtes Vieh!“ entgegnete er ihm.

„Wie meint ihr das?“

         „Ihr könnt mich Vere nennen. Ich würde ihnen niemals die Unwahrheit sagen, Liebliche. Rennt weg, flüchtet vor diesen Engel, der beauftragt wurde euch zu töten.“

Sie schüttelte die Krähe von sich.

„Ich glaube dir nicht, “ sie flog in die Luft, schrie und krächzte ihr noch nach.

„Ihr werdet schon sehen, er ist es wirklich. Er macht euch schöne Augen und betäubt euren Blick.“

„Ich kann euch sagen, was man mir beibrachte, Miss. Doch habt keine Furcht.“

Sie nickte nur zögerlich und hörte ihm zu.

„Bei meiner Geburt legten die Menschen ihre Hoffnung auf Frieden in meine Hände. Ich wuchs in einem Kloster auf und lernte zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Jeden Abend erzählte mir Schwester Areata Geschichten von Anfängen und Enden. Ich höre sie immer noch sagen:

Es geschah vor langer, langer Zeit. Ein Engel von hohem Rang die Macht zu besitzen die selbst dem Teufel interessierte. Er war ein guter Engel. Er besuchte die Kranken, erfreute die Kinder und rettete Welten vor Kriegen und Katastrophen. Eines Tages wurde er von dem Teufel verführt und er trank von dem Feuerwasser. Dieser benebelte seine Sinne und er wusste nicht, wer er war und wozu er bestimmt wurde. Er tat Dinge, böse Dinge, die er sich nie hätte erträumen können. Er verlor den Verstand und seine Seele an den Teufel. An den Pranger gestellt büßte er für seine Taten. Er bedauerte es sehr und flehte den Herrn an ihn doch frei zu lassen. Er wurde erhört und mit kritischen Auge bei seiner Rückreise in den Himmel betrachtete. Sie schlossen einen Packt und er sollte somit sein Tribut zahlen. „Du sollst in der Ewigkeit warten und ewiglich die Qualen der Menschen erleiden und fühlen wie die Erde stirbt. Dann erst wenn der Fürst der Finsternis die Macht in seinen Händen hält, die Erde, die Menschen, die Tiere und alles darauf zu beherrschen, wirst du wieder erweckt. Doch die Menschen sollen dich suchen und nur wenige erkennen deinen Duft des Himmels. Du sollst von deiner Geburt an rein bleiben, reine Gedanken und reine Taten vollbringen. Wenn das Böse erwacht, erwachst auch du. Erst dann wird sich deine Seele in den Körper deiner Inkarnation brennen. Du wirst dein einziges Leben in die Rettung der Welt setzen. Eine Alternative zu diesem Packt gibt es nicht. Nimm ihn an oder entsage in die Hölle!“

Der Gefallene Engel wurde in einen gläsernen Raum gesperrt. Er spürte die Schmerzen der Menschen in Not, sah ihren Untergang und sah ihren Tod. Und er wünschte sich verzweifelt ihnen helfen zu dürfen. Die Macht des Fürsten stieg beängstigend schnell. Kein Engel kam gegen ihn an und die Pest der Menschen wuchs. Im Kampf gegen die Schmerzen bekam die Wand Risse und ein Loch entstand, kaum größer als ein Kinderfinger. Der gebrochene Engel sprach einen Wunsch aus und flüsterte ihn durch das Loch und auf die Erde hinab.

Dort empfing eine werdende Mutter sein Gebet und sie gewährte ihm ein goldenes Kind. In nur knapp neun Monaten erblickte ein strammer Junge das licht der Welt; sie erlag den Kräften des Herrn und starb bei der Geburt. Dieser Junge sollte hinter den Mauern des Klosters, angelehrt von den Nonnen seine Bestimmung erkennen und lernen wie man lebt. Ich habe das Verhalten der Menschen und der Tiere studiert. Ich beherrsche jegliche Sprachen, Kampfkünste und ich beherrsche meinen Körper wie auch den Geist bis aufs Äußerste. Als die Zeit reif war wurde ich aus dem Kloster entlassen. Ich sollte die neue Waffe finden mit dem der Teufel die Erde übernehmen würde. Ich muss sie aufhalten und auf die Seite Gottes bringen. Dies ist meine Bestimmung.“

Sie erkannte nun den Hinterhalt ihr gegenüber. Janny wurde das Gefühl nicht los ihr Leben auf einem Schachbrett verbracht zu haben. Wie ein Läufer musste sie springen und die Drecksarbeit verrichten. Doch sie hatte keine Lust mehr auf dieses Spiel und wollte es beenden. Sie stand auf und ging rückwärts.

„Bitte wartet doch.“

„Ihr treibt ein übles Spiel, mein Herr. Doch bin ich zu mächtig für euer kleines Leben.“

 „Ich werde nur eure unreinen Gedanken säubern und euch ganz vom Bösen befreien. Es wird auch kaum wehtun.“

„Versucht es nur und ihr werdet sehen, denn ich werde euch wehtun!“

Knurrend entfloh sie aus dem Haus und rannte in den Wald hinein. Sie lief und lief, schaute weder zurück noch sah sie etwas von ihrem Weg. Sie stolperte über Stock und Stein, wich so gut es ging den Bäumen aus und rannte ohne Sinn und Verstand durch den Wald. Doch sie machte halt und stand ratlos da. Tiefe Gräben durchzogen diesen Teil des Waldes so weit das Auge sah. Janny drehte sich um und verfluchte ihn, der mit ihr gut Schritt hielt.

„Zeigt euer wahres Gesicht! Ihr macht mir nichts mehr vor.“

„Nur wenn ihr mir eures zeigt, werde ich mich offenbaren. Ihr bereut es noch, mein Angebot abgelehnt zu haben.“

„So, werde ich das? Doch glaube ich es kaum. Euer Blut wird mir munden und euer Leben aus euren schwachen Körper saugen, ein Leichtes.“

Janny kehrte in sich und murmelte einen Spruch der Macht mehrmals vor sich hin. Zugleich wehte der Wind um die Beiden und ließ die Blätter tanzen. Der Himmel verdunkelte sich und Janny schien zu schweben. Das Laub auf dem Waldboden fing an um sie zu wirbeln. Sie setzte ihre Macht frei und verwandelte sich mit Hilfe ihrer Ahnen in die Prinzessin der Finsternis. Sie setzte wieder auf den Boden auf und schaute ihn erwartungsvoll an. Seine Vorstellung der Verwandlung war nicht weniger eindrucksvoll als die von Janny. Ein grelles Licht umschloss seinen Körper und im Inneren verwandelte er sich in einen kampfbereiten Engel. Ihm wuchsen weiße Flügel und er trug eine silberne Rüstung und eine doppelschneidige Axt. So standen sie sich nun gegenüber und warteten auf den ersten Zug des Gegners. Im Wald herrschte Stille, kein Vogel würde es jetzt wagen auch nur einen Pieps von sich zu geben. Doch Janny brach das Schweigen.

„Ich rufe die Wächter der Dunkelheit! Erscheint!“

Es fing an zu donnern und zu blitzen. Es regnete wie aus Kübeln und die Erde schien zu beben. „Wacht auf, aus eurem ewigen Schlaf. Beschützt mich vor dem Engel. Wacht auf!“

Janny gab ihre Kraft frei, bündelte sie zu einem Energieball und schickte ihn mit einem Urschrei in die Erde. In den tiefsten Erdschichten lauerten diese Wesen auf Rache. Der Lebenswille und deren Kraft wurden von Janny’s Energie geweckt. Die untoten Kreaturen gruben sich zu der bedrohten Seele empor und durchbrachen die Oberfläche. Zwölf dieser modernden Geschöpfe standen in Reih und Glied, auf Janny blickend und lechzten vor Hunger nach frischem Blut. Sie zeigte auf ihn, der sichtlich überrascht war.

„Meinst du, du könntest mir mit deiner stinkenden, versifften kleinen Truppe Eindruck schänden? Dann hast du dich aber aufs kläglichste getäuscht!“

„Du umhüllst mich mit Hohn? Fasst ihn! Er hat es nicht anders verdient!“

Auf diesen Befehl haben die Kreaturen schon lange gewartet. Zähnefletschend blickten sie zu ihm rüber und warfen ihn eiserne Blicke zu. Sie schritten vor, erst langsam dann schneller werdend, bis sie ihr Ziel erreichten. Der Engel schwang seine Axt und zerschmetterte einen nach dem Anderen. Die Kreaturen fingen Feuer, rannten hektisch umher und kreischten herzerweichend. Derweil schwebte Janny, nicht weit vom Boden entfernt, in der Luft.

„Verschwindet aus meinen Augen.“

Sie gruben sich wieder in die Unterwelt und verweilten dort bis in alle Ewigkeit.   

„Lasst uns doch fair kämpfen! Ich glaube mein Können erwiesen zu haben um deinen Körpereinsatz zu gewinnen.“

„Fair? Ich hasse dieses Wort, wie ich dein grelles Licht aus deiner reinen Seele hasse! Es blendet mich und es zwingt mich es zu verdunkeln!“

Janny stieß einen Energieball aus und traf ihn.

„Ihr Sohn einer räudigen Hündin, werdet ihr es doch nie schaffen mich zu bekehren.“

Der Gegenschlag schmerzte mindestens genauso wie der Schlag danach und der darauf folgende ebenso.

„Hah! Ihr seit mir nicht mächtig.“

Sie kämpften bis in die Nacht hinein und selbst während des letzten Kraftaufwandes traf ein höhnisches Wort dem Gegner tief und sie verfielen der Raserei...

                                                        2

In einer Stadt, wie jede andere auch:

Der warme Regen ergoss sich schon seit Monaten über die stinkenden Dächer, als ob Gott versuchte irgendetwas Böses wegzuschwemmen. Ob er es schaffte, blieb wohl immer ein Geheimnis. Ein Schrei in der Finsternis und ein Schatten entschwand den Scheinwerfern eines Autos, welche ein unschönes Schauspiel preisgaben. Ein Mord ward geschehen und das Blut, verschwand mit dem Regen in der Straßenrinne. Sirenen heulten auf und die Lichter der Polizei ließen erahnen, was passiert war.   

„Mama, Mama. Hast du das gesehen?“

„Scht..., mein Schatz. Du musst jetzt schlafen. Ich deck dich noch zu.“

„Liest du mir noch was vor? Bitte.“

„Na gut...Es war einmal ein kleiner Junge, wie du es bist...“

Was die Menschen nicht ahnten, dass das Böse nicht weit weg war. Könnte es doch an ihren Häusern kleben, vor den Fenstern lauern und ihnen begierig zuhören und das tat es auch. Eine Gestalt, durchnässt vom Regen saß auf dem Dach, lauschte der friedlichen Stille und genoss das gewonnene Gefühl von Zufriedenheit. Die Wolkendecke riss plötzlich auf und ließ den Mond hervor scheinen. Als die Geschichte zu Ende war und die Mutter noch die Vorhänge zuzog, machte sich auch die Gestalt auf dem Heimweg. Es ging über viele Dächer und Straßen, bis hin zur alten Kirche. Die Fenster wurden eingeschlagen, die Tür hing nur noch an einer Angel und die Glocke im Inneren des Turmes läutete schon lange nicht mehr. Doch scheute dieses Wesen diesen Ort nicht. Es war ihr zu Hause. An der Dachrinne entlang, graziös und anmutig setzte sie einen Fuß vor den Anderen und entschwand in den Turm, der leblosen Kirche am Rande der Stadt.

Summend reichte eine junge Frau das Feuer von einer zur anderen Kerze, hier und da auch eine Öllampe. Sie war unachtsam und erschrak.

„...Meine Herrin!“ sie packte sich ans Herz. „Ihr seit zu früh.“

Sie kam ihr entgegen und nahm den Mantel ab.

„Dania. Ist es dir nicht Leid andauernd zu erschrecken? Soll ich dich nicht doch davon erlösen?“

Sie schüttelte den Kopf und hing den Mantel an die Wand.

„Aber meine Herrin. Das fragt ihr mich schon so oft. Ihr kennt meine Antwort oder habt ihr nichts getrunken.“

Dania schaute sie in ihre leuchtend grünen Augen und musterte ihr Gesicht im Schein des Feuers. Plötzlich kam ein Luftzug herein und die Kerze erlosch.

„So unscheinbar ist die Nacht, wie auch mein Kuss.“

Aus ihrem Mund kam eine Flamme hervor und zündete die Kerze wieder an. Dania lächelte und sank den Kopf.

„Habt dank.“

Sie hob ihren Kopf mit zwei Fingern am Kinn und musterte sie.

„Du würdest eine liebreizende Kreatur der Nacht werden mit all den schönen Vorzügen der Macht.“

„Ich würde aber auch die Nachteile bekommen, Herrin und wie ihr wisst, kann ich niemanden töten“

„Du könntest es, wenn du erst die Süße des Blutes gekostet hast. Dich würde niemand mehr aufhalten und du wärst deine eigene Herrin.“

„Ich bin gern bei euch.“

„Ja, ich weiß.“

Sie legte sich aufs Bett, welches in mitten des Raumes stand. Bezogen mit violetter Seite und ein weißes Moskitonetz umhüllte es wallend.

„Ich habe etwas für dich, Dania.“

Sie kam neugierig zum Kopfende des Bettes und kniete sich hin, beobachtete ihre Bewegungen, welche ihre Herrin machte.

 „Es ist nicht neu und auch nichts Besonderes.“

Sie holte eine kleine Kette hervor, an der ein kleines Kreuz hing, besetzt von roten Rubinen. Dania schaute mit leuchtenden Augen, als ihre Herrin den Vorhang zur Seite schob und ihr die Kette um den Hals legte. Diese passte gerade so um ihren dünnen Hals und das Kreuz baumelte im Takt ihres Pulses.

„Danke, Herrin.“

Sie legte ihre Hand auf Danias Hals und gab ihr einen Kuss.

„Haben wir noch von dem besonderen Wein?“

„Ja, Herrin, das haben wir, noch reichlich.“

Dania sprang sogleich auf und ging in eine Abstellkammer, die als Vorratslager diente. Während sie sich auf dem Bett rekelte ging im Hintergrund die Musik der Diskothek an und untermalte die kommende Szene. Dania brachte ihr einen Krug voll Wein gemischt mit Blut und schenkte ihrer Herrin ein Glas ein. Genussvoll trank sie es und ließ nichts übrig. Sie zog sich Dania zu sich und gab ihr einen lustvollen Kuss. Es schien, als würde sie es nicht zum ersten Mal machen und war weder abgeschreckt noch gab sie sich gezwungen. Sie wurde aufs Bett gezogen und verwöhnte ihre Herrin sinnlich. Im Takt der Musik und im Spiel der Lust wanden sich ihre Körper bis spät in den Morgen hinein.

 

Es war schon lange Tag, als sie erwachte. Die Sonne schien durch die Fenster und Ritzen der alten Kirche. Sie regte sich und schaute gähnend durch den Raum. Mit einer dünnen Decke umhüllt stand sie am Fenster und überflog den fortgeschrittenen Tag, die Bäume und die Dächer, auf denen es gestern so heftig regnete. Die Sonne hatte nicht viel Zeit, denn die Wolken behangen den ganzen Himmel, was nicht verwunderlich war und nichts mehr zu hören von der berauschenden Musik der Diskothek. Nur wenige Gläser und stehende Autos auf dem Parkplatz sind zurück geblieben, als stumme Zeugen der vergangenen Ereignisse letzter Nacht.

Weniger stumm waren die Berichte, die man im Radio hören konnte.

Fern ab der Kirche wurde die Leiche sichergestellt und jedes kleine Stück, das ein Beweis sein konnte in kleine Tütchen gesteckt. Die Gasse wurde durch gelb, schwarzes Band abgeschirmt und alle sahen beschäftigt aus. Einige baten die Leute weiter zu gehen und einige nahmen die möglichen Zeugen auf. Der Leichnam wurde mit einem Tuch verdeckt und zwei Beamte warfen einen Blick darauf. Der eine kniete sich nieder und hob das Tuch an. Er verzog das Gesicht, verdeckte sie wieder und stand auf.

„Was war es?“ sagte der eine.

„Ich vermute etwas, werde jedoch jemanden aufsuchen, der mehr darüber weiß. Ich bin mir nicht sicher was es war. Aber eins kann ich sagen. Es war kein Tier!“

„Was macht sie da so sicher?“

„Nun, ein Tier würde nicht ihre Halskette mitnehmen.“

Der eine wunderte sich und schaute noch mal nach. Während dessen ging der andere schon zu seinen Wagen und zündete sich eine Zigarette an.

„Terry, warten sie! Wohin fahren sie.“

„Das geht sie gar nichts an.“

Er fuhr los und ließ ihn mit dem schrecklichen Szenario allein zurück. Doch bevor er sich mit dem Fall näher beschäftigte, holte er noch eine Schachtel Zigaretten. Im Schaufenster stand ein Fernseher und brachte gerade die Nachrichten. Er stellte sich davor und es kam gerade der Mordfall von der vergangenen Nacht, als eine junge Frau mit voll gepackten Beutel aus dem Geschäft kam, Mit beiden Händen schleppte sie sich gequält ab. Er bemerkte das Halsband an ihr und einen Blutfleck daran.

„Warten sie.“

„Darf ich ihnen helfen? Es sieht sehr schwer aus.“ fragte er sie und ging ihr nach.

„Nein ich schaff das schon.“

„Ich bestehe darauf, sonst lässt mich mein Gewissen nicht mehr schlafen.“ Freundlich schaute er drein, sie gab nach und er nahm ihr den Beutel ab.

„Woher kommen sie?“

„Ich bin hier nur geschäftlich, sieht man es mir an, dass ich nicht von hier komme?“

„Ja“ sagte sie lächelnd. „Was arbeiten sie?“

„Ich bin bei der Polizei und vielleicht helfe ich deswegen gerne.“

„Das möchte ich nicht bezweifeln.“

„Sie tragen eine schöne Kette, woher haben sie die?“

Dania fasste das Kreuz an und schmunzelte verlegen.

„Das war ein Geschenk von meiner Herr...“ sie stockte, als sie Herrin sagen wollte, „von meiner Freundin.“

Der Mann fand das merkwürdig und überlegte. Aber er glaubte nicht, dass sie so eine Tat begehen konnte. Nein, so unscheinbar und unberührt Jungfräulich wie sie ausschaute, wäre es wohl nicht möglich. Doch all zu oft konnte man sich täuschen und so begleitete er sie durch die Stadt. Sie blieb stehen und schaute in den Himmel.

„Es wird schon dunkel. Danke dass sie es so lange für mich getragen haben aber ich habe es nicht mehr weit von hier aus.“

„Ein Grund mehr sie bis zu ihrer Wohnung zu begleiten. Oder haben sie angst ich könnte sie noch auf einen Drink einladen?“

Er lächelte, doch sie fand das nicht lustig und nahm sich den Beutel, der ihr dann fast auf den Boden reichte.

„Ich muss gehen! Es erwartet mich jemand zu hause, den ich nicht warten lassen kann.“

Sie ging voran doch der Polizist gab sich nicht damit zufrieden.

„Dann machen sie es gut und bleiben sie sauber diese Nacht“ er wartete. Dania stutzte, blieb stehen und drehte sich um.

„Ich bin Dania und wenn sie möchten, dass ich sauber bleibe, dann lassen sie mich gehen, es wird gleich regnen.“

Sie kehrte ihm den Rücken und ging weiter. Schnellen Schrittes eilte Terry zu seinen Wagen. Es fing gerade an zu regnen, als er los fuhr, Dania hinterher. Zu seinem Erstaunen war ihre Wohnung weiter als er dachte. Er konnte sie noch vor der alten Kirche ausmachen. Im Rückspiegel sah er Dania das baufällige Gebäude betreten. Es wunderte ihn, doch fuhr er trotzdem, um seinen alten Freund aufzusuchen weiter. Durch einen Torbogen aus Stein musste er. Auf den Hinterhof zeigte sich nicht viel. Da einige Mülltonnen und leere Kartons, ein altes Auto und Ersatzteile, die danebenliegen. An der Tür empfing ihn eine streunende Katze.

„Na, du Ausreißer.“

Die Katze schmuste ihn um die Beine und schnurrte, als er sie streichelte.

„Ich habe keine Zeit, geh spielen.“

Auf der Klingel stand etwas verschwommen vom Regen: „Jack Ancorona.“

Eine kratzige Stimme meldete sich.

„Ja?“

„Hier ist Terry.“

Man konnte ihn nur noch husten hören und das Surren zum öffnen der Türe. Die Wohnung war schon offen und er konnte problemlos eintreten. Ein miefiger Geruch zog in seine Nase und ließ ihn niesen.

„Gesundheit.“

Kam aus einem verrauchten Zimmer. Die gesamte Wohnung war über und über mit Zeitungsartikeln und Fotos bedeckt. Mehrere Computer in einer Ecke, ein Schreibtisch in der Mitte des Raumes, wo auch jede menge Papiere lagen, Sofa, Fernseher und ein kleiner Tisch der ebenfalls überfüllt war. Eine Durchreiche zeigte die Küche, die auch nicht besser aussah. Dort stand Jack in voller Lebensgröße und schenkte sich mit einer Zigarette im Mund einen Whisky ein.

„Möchten sie auch einen?“

„Nein danke.“

Drei Eiswürfel ließ er ins Glas fallen, die dann wundersam knisterten.

„Setz dich doch.“

Terry versuchte sich durch die herumliegenden Sachen einen Weg zu bahnen, fand schließlich das Sofa und schaffte sich Platz. Als Jack sich setzte, legte er die Fotos von der Leiche der jungen Frau auf den Tisch. Jack sah sie sich an und runzelte die Stirn.

„Sie wurde gestern Nacht von einem Mann gefunden, doch er war es nicht, laut der Spuren.“

„Die Bisswunden sind mir bekannt. Das war kein Tier“ er seufzte und trank den Whisky.

„Du weißt wer oder was es war?“

„Schon möglich.“

„Was willst du dafür?“

„Nun, ich habe da noch meine Bewährung, Strafzettel, offene Rechnungen, such dir was aus.“

„Ich werde sehn, was sich machen lässt. Aber nach der Festnahme, Jack... wie immer.“ er schmunzelte. 

„Ja, wie immer.“

Terry stand auf und ging langsam am Schreibtisch vorbei, blieb stehen und drehte sich um.

„Ach noch was... wenn dir das weiter hilft. Ich vermute dass die Frau eine enge Kette trug.“

Jack sah die Bilder nochmals an und nickte.

„Ich könnte mich täuschen aber ich glaube diese an einer jungen Frau, namens Dania, gesehen zu haben.“

Jack senkte den Kopf und überlegte.

„Vielleicht.“

„Ich werde dich anrufen?“

„Mach das.“

Sodann ging Terry aus seiner Wohnung und fuhr beruhigt nach Hause. Doch Jack machte sich mit Sack und Pack auf dem Weg...

 

Inzwischen sortierte Dania die Einkäufe und umsorgte ihre Herrin, die gerade ein genussvolles Bad nahm. Sie ließ gerade heißes Wasser nach, etwas Olivenöl und Milch. Danach hockte sie sich hinter ihre Herrin und massierte ihren Nacken.

„Ist es so angenehm, meine Herrin?“

Sie schmunzelte leicht, „mm...danke, ja...Dania, sage mir, warum du damals zu mir gekommen bist.“ sagte sie mit genießender Haltung.

„Nun ja, ich war alleine und arm. Nichts besaß ich außer mich selbst.“

„Doch warum hast du mein Angebot abgeschlagen? Warum wolltest du mir dienen?“

„Ich...ich wusste nicht, wie es sich als Vampir so anfühlt. Nun weiß ich es und mir gefällt es keineswegs.“

Sie drehte sich um und schaute Dania in die Augen.

„Es würde dir nicht gefallen, frei zu sein? Du könntest dir deine Diener selbst aussuchen und wenn einer nicht spurt, hast du immer noch deine überragenden Kräfte, die dich nie scheitern lassen.“

Sie strich ihr durchs Haar und über ihre Wange.

„Deine Schönheit wäre atemberaubender denn je, nie würde dich eine Falte plagen und auch macht jede Krankheit einen Bogen um dich.“

„Verzeiht, Herrin. Aber ich müsste Menschen töten...“

„Du musst dich ernähren, es kostet dir nur etwas Überwindung. Du hast die Möglichkeit deine nutzlosen Opfer auszurauben, um somit nicht zu verarmen.“

„Habt ihr die Kette auch...“ sagte Dania leise und senkte den Kopf.

„Denk nicht daran, Dania. Wir müssen überleben aber bitte, lass uns auch leben. Wir sind ein abgesondertes Volk und so zahlen sie ihre Schuld für unsere Verdammnis. Denn sie sind es, die uns töten, weil wir Vampire sind, sie jagen uns aus Spaß. Wir töten um zu überleben und schenken vielen ein neues, ewiges Leben.“

Sie drehte sich wieder um und tauchte unter. Dania überlegte und sah wohl sehr verunsichert aus. Als ihre Herrin wieder auftauchte, ihr Haar durchnässt, welches ihre Brüste umspielten, lehnte sich wieder zurück und genoss das duftende warme Wasser. Dania schäumte sie mit einem Schwamm ein und fuhr an ihrem Körper entlang. Hin und wieder bekam Dania einen heißen Kuss, der immer sinnlicher wurde. Doch als sie ihren Hals küsste, überkam es ihr und biss rein.

„Au... Herrin! Nein...bitte...!“

Sie konnte sich losreißen und mit Tränen in den Augen ging sie schnellen Schrittes die Treppe runter. Ihre Herrin aber lachte nur und in ihrem Rausch leuchteten die Augen, sie tauchte wieder unter und wusch sich somit den Schaum von ihrer Haut. Wutentbrannt riss sich Dania die Kette ab, legte noch ein Tuch um ihren Hals und verschwand aus der Kirche. Beinahe rannte sie gegen einem Mann. 

      „Entschuldigen sie bitte.“

Er antwortete ihr nicht und ging weiter. Jack öffnete die Tür, sie knarrte und es blätterten einige Holzsplitter ab. Langsam und sich bedacht umschauend schlich er hinein, sah die Kette, hob sie auf und konnte das Blut deutlicher erkennen. Jack verstaute diese in seine Jackentasche und ging die Treppen hoch, langsam und beständig. Sie tauchte wieder auf.

„Ich wusste, dass du mir nicht fern bleibst, Dania.“

Sie sah in die Richtung von der das Geräusch der knarrenden Balken kam und erschrak. Fauchend zeigte sie ihm die Zähne, wollte aus der Wanne steigen, als er eine Knarre aus seinen Halfter zog.

„Halt die Flossen still, Janny.“

„Ach, Jack! Wie oft willst du mich denn noch töten, hm?“

Sie entspannte sich wieder und legte den Kopf in den Nacken, sich auf den Rand der Wanne stützend.

„So oft, bis du hinter Gittern sitzt, für immer.“

„Als ob mich eine verriegelte Tür aufhalten könnte.“

Er kam einen Schritt näher.

„Du hast wieder getötet!“

Sie sagte nichts und fuhr sich durchs Haar.

„Reicht dir unser Packt nicht, Janny?“

Nun aber schaute sie ihn ärgerlich an.

„Soll ich etwa für immer aus Tüten trinken? Du kannst dir nicht vorstellen wie unbefriedigend das ist. Das Blut ist kalt und unerträglich vom Geschmack.“

Er kam ihr näher und setzte den Lauf direkt an ihre Schläfe, legte die freie Hand an ihre Kehle und flüsterte ihr ins Ohr.

„Dich befriedigt es zu töten? Warum lebe ich dann noch?“

„Weil ich dich für etwas anderes vorgesehen habe. Tod nützt du mir nichts, Jack, “ sagte sie schmunzelnd.

 

Während dessen eilte Dania durch die Stadt und suchte Schutz auf heiligen Boden. Die Tür knarrte und man konnte sie durch die kalten Bänke tapsen hören. In der Kirche waren nur wenige, zwei Nonnen und ein paar ältere Damen. Mit gesenktem Blick kniete sie sich vor dem Altar, verschränkte die Hände und betete mit Tränen in den Augen für Erbarmen. Der Pater kam zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Was plagt dich so, mein Kind?“ sagte er mit sanfter Stimme.

Sie schaute zu ihm auf, wollte Haltung bewahren doch umarmte sie ihn Trost suchend.

„Ich habe gesündigt, Pater“ sagte sie leise und zittrig.

Er löste die Umarmung, nickte und flüsterte ebenso.

„Komm.“

Ein schwerer Vorhang verbarg schon so manches Geheimnis und das dunkle Holz ließ mit dessen Duft erahnen, welche Sünde über ach so sanften Münder hier verborgen blieb. Nur ein schwach beleuchtetes Gesicht durch ein feinmaschiges Gitter  betrachtet, gab Ratschlag. Pater Severin war ein gutmütiger alter Mann, graumeliertes Haar und stets freundlich.

„Im Namen des Vaters und des Sohnes und Heiligen Geistes. Amen.“ Dabei machte sie das Kreuzzeichen.

„Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und seiner Barmherzigkeit.“

„Amen.“ sagte sie. „Ich will beichten und meine Sünden bekennen. Meine letzte Beichte war vor drei Wochen.“

„Bitte erzähle mir, was dich zu mir schickte.“

„Der Teufel, Pater, der Teufel. Er verführte mich und ich gab nach.“

„Du hast dich der Versuchung hingegeben?“

Sie nickte und sah zu Boden.

„Der Teufel benutzt nur all zu viele Tricks, um unschuldige Wesen, wie du es bist zu verzaubern. Solange dich dieser Zauber nicht einnimmt, ist es noch nicht zu spät auf diese Weise zu handeln, wie du es tust.“

 

Janny drehte ihren Kopf und küsste ihn leidenschaftlich. Er wehrte sich vielleicht innerlich doch ging er darauf ein. Sogleich spielten ihre Zungen und Lippen miteinander, als ob sie nichts anderes kannten. Sie ließen die Gesetze hinter sich und vergaßen auch, wie unterschiedlich sie doch waren. Janny erhob sich und streckte ihren nassen Körper ihm entgegen. Ohne zu zögern ließ er die Pistole sinkend in den Halfter gleiten und umschmachtete ihre wohlgeformten Brüste. Leichten Drucks massierte er sie und umspielte zärtlich ihre Nippel.

 

„Das heißt aber nicht, dass dir alles vergeben sei, wenn der Teufel in dir stecken würde. Denn dann mein Kind, kann dir niemand mehr helfen.“

„Aber Pater Severin, warum nur. Warum lässt mich der Teufel nicht gehen?“

„Weil er es kann und dir deine Sinne für das Gute, sei es Gott oder ein Mensch, raubt und verschließt.“

„Wenn er es verschließt, dann kann er es wieder hervorholen, Pater?“

„Das mein Kind, weiß nur der Teufel allein. Vergiss aber nie an die Macht Gottes zu glauben dann wird er dich erhören.“

 

Lustvoll stöhnte Janny auf und ließ ihren Kopf in den Nacken sinken. Sie fuhr ihm durchs Haar, knöpfte sein Hemd auf und langsam vielen so seine Bekleidungen. Janny liebkoste seinen Oberkörper und ging tiefer, um auch seine Hose zu öffnen. Doch er ging zwei Schritte zurück, als ob er versuchte zu widerstehen. Was ihm nicht gelang, als Janny aus der Wanne stieg und ihr das Wasser von ihrer Haut abperlte. Schritt für Schritt kam sie ihm mit gierigem Blick nach, drückte ihn nach hinten und er viel auf das Bett. Lüstern glitt sie über seinem Körper, küsste und leckte ihn. Er gab sie sich nun völlig hin, als sie seine Hose abstreifte und begierig seinen Phallus in den Mund nahm.

 

„Ich bereue, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe. Erbarme dich meiner, o Herr.“

„Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden.“ sagte Pater Severin. „So spreche ich dich los von deinen Sünden“ er machte das Kreuzzeichen mit den Worten: „ Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

„Amen.“ sagte sie darauf.

„Dank dem Herrn, denn er ist gütig.“

„Sein Erbarmen währt ewig.“

„Der Herr hat dir deine Sünden vergeben. Geh hin in Frieden.“

Dania verabschiedete sich von ihm und betete aber noch etwas abseits der Bänke leise und unscheinbar.

„Ich danke dir, Herr, für die Vergebung, die ich erfahren habe, und für den Mut zu einem neuen Beginn. Ich danke auch für die Versöhnung mit der Kirche, der ich mit meiner Schuld Schaden zugefügt habe. Ich will mir Mühe geben, nicht nur mit Worten dankbar zu sein. Auch will ich vergeben, wenn andere mir schaden oder wehe tun. Ich weiß, Herr, es wird nicht alles ganz anders werden in meinem Leben. Aber ich vertraue darauf, dass du mich nicht verwirfst und dass die Kirche mir immer wieder deinen Frieden schenkt, auch wenn nicht alles gelingt, was ich mir vornehme. Ich danke dir, Herr, dass ich solches Vertrauen haben darf, weil du unsere Schuld getragen hast und weil dein Erbarmen fortlebt in deiner Kirche.“

Dania kam aus der Kirche und schaute in den trüben Himmel hinauf. Wieder fing es an zu regnen und die Stadt wurde zunehmend Menschenleer. Ihr war noch nicht zu Mute nach hause zu gehen und somit endete sie ihren umherirrenden Gang vor dem Friedhofstor. Doch schüttelte sie ihren Kopf und ging weiter.

 

Das Liebesspiel der Beiden, vollkommen und lustvoll, ließ das Ende noch warten. Janny saß auf ihm und bewegte sich im Takt immer schneller werdend. Doch plötzlich überkam es ihr und die grünen Augen wurden leuchtend rot. In die Gier getrieben ließ sie ihre Krallen in sein Fleisch eintauchen und während er nicht vor Schmerzen sondern vor Lust laut stöhnte, biss sie ihn in den Hals und trank sein warmes Blut. Er konnte sich nicht mehr wehren, sein Blick versteifte sich und Janny ließ ab.

„Du stellst nie wieder meine Methoden und Taten in Frage, mein Freund.“

Er rang nach Luft.

 „Doch steckt noch etwas Leben in deinem kalten Körper. Ein kleiner Funke, den ich schüren kann, wenn ich es begehr.“

Er blinzelte und wollte sprechen, doch das vermag er nicht mehr.

 „Welch rührende Gedanken du doch hast, Jack. Aber ich kann dich beruhigen. Das war noch nicht alles an Schmerzen, die du erleiden wusstest!“

In diesem Augenblick kam Dania die Treppen rauf und sah das schreckliche Szenario, in das sie gelang. Ihr stockte der Atem und sie rührte sich nicht.

„Oh, du hast dich also doch noch nicht von mir losgelöst, wie ich sehe. Komm näher.“

Janny winkte sie heran, stieg von ihrem Opfer runter und umhüllte sich mit ein paar wenigen Kleidungsstücken.

„Schau ihn nur an, Dania. Ich zeige dir nun, wie ich einen Vampir mache.“ Janny lächelte und wollte beginnen.

„Wartet, meine Herrin. Tut es nicht, denn er ist ein netter Mensch und verdient nicht den Tod.“

 „Woher willst du wissen, ob er ein netter Mensch war? Außerdem ist er bereits dem Tode nah und nicht mehr davon abzubringen.“

„Aber...“

„Aber was?! Willst du seinen Tod? Soll er sterben? Dann tu du es ich vermag so ein schönes Exemplar nicht auszumerzen. Es würde uns gut tun. In unseren Reihen einen Mann zu haben, ob zur Belustigung oder zu lustvollen Spielen. Er soll an deinen Lippen kleben, wenn du es verlangst. Wünschst du dir das etwa nicht?“ Dania schwieg und senkte den Kopf.

„Ich fasse das als ein Ja auf.“

Janny biss sich in den Unterarm und ließ ihr dunkelrotes Blut in seinem Mund tropfen. Jack trank ohne Widerwort und so langsam gefiel es ihm. Nun saugte er es aus ihr heraus und sie hatte mühe ihn wieder los zu werden. Doch der Schmerz den ihm durchzuckte ließ ihn krümmen und vollendet sterben. Dania stellte sich hinter ihre Herrin und schaute erstaunt zu ihrem Opfer. Janny tätschelte sie doch wand sie ihren Blick nicht ab.

„Schau, Liebes. Er stirbt nun. Ist das nicht schön? Doch er würde sich nicht daran erinnern aber du wirst es nicht vergessen.“

Sie schaute zu ihr auf und sah das schelmische Grinsen ihrer Herrin. Als Jack sich nicht mehr bewegte, veränderte er sich und wundersam erschien seine Gestalt makellos. Doch wagte er sich nicht die Welt mit Vampiraugen anzusehen.

„Komm schon, steh auf!“ rief sie ihm zu.

Er gehorchte auf Anhieb und stand nun in seiner nackten Lebensgröße da, den Kopf scheu gesenkt und die Augen nur halb geöffnet. Sie ging zu Jack und umkreiste ihn musternd.

„Nicht schlecht, nicht schlecht.“

Sie nickte und gab ihn einem Schlag auf seinen Po. Er drehte sich schnell um und hielt sie knurrend an der Kehle hoch. Doch sie verschwand aus seinen Fingern und tauchte hinter ihm auf. Selbst Dania hatte diese Kunst noch nicht bei ihr gesehen und staunte.

„Oh, bitte.“

Mit einen mächtigen Energieschub brachte sie ihn zu fall und er rutschte bis zur Wand. Sie konnte seine Wut riechen und lächelte nur.

„Zügel deinen Stolz, Sklave. Sonst tu ich es und es würde dir mehr Schmerzen bereiten als alles andere, was du bisher in deinem erbärmlichen Leben kennen lerntest. Steh auf, du nutzloser Haufen toten Fleisches.“

Janny zückte ein Halsband hervor und nahm den Neugewonnenen Sklaven an die Leine.

„Dania, komm bitte her.”

Sie drückte ihr die Leine in die Hand.

„Pass auf ihn auf, während ich weg bin und lass dir nichts gefallen.“

Sie sah dann zu Jack und hielt ihn am Kinn fest, damit sein Blick nicht von ihr wich.        

„Und du, Sklave. Weilst unter ihren Füßen und gehorchst ihr, bis ich wieder da bin. Wenn ich erfahren muss, dass du sie angefasst hast, ohne ihre Erlaubnis, dann wirst du mehr als nur leiden.“

Sie gab ihn noch einen Kuss, warf ihn zu Boden und ging. Doch Dania rief ihr noch hinterher. „Wohin geht ihr?“

Die Antwort war nur schwer zu vernehmen, doch Jack verstand sie gut.

„Ich hole Futter.“

Daraufhin eilte Jack auf allen Vieren zum offenen Fenster und sah ihr hechelnd hinterher. Dabei zog er Dania hinter sich her und sie fand das gar nicht gut, dass sie allein gelassen wurde, mit dieser Bestie.

Von Dach zu Dach hüpfte sie hernieder bis in den modrigen Gassen, um nach jungem Fleisch Ausschau zu halten. Mit durchbohrendem Blick machte sie ein Opfer aus, das sich von der Menge abhob und ihr besonders schmackhaft schien. Ein Mädchen ging etwas langsamer, schlendernd und nachdenklich, das machte Janny neugierig und schickte ihr ein leises Wort in ihre Gedanken: „Hier“  Das Mädchen schaute erschrocken um sich und hörte wieder etwas: „Ich bin hier“  sagte eine wohlklingende Stimme in ihrem Kopf, doch woher kam sie, dachte das Mädchen und blieb stehen, drehte sich abermals um.

„Wo?“ flüsterte sie.

Janny spielte mit ihrer Macht und umfasste ihren Körper, um sie zu sich zu ziehen. Schwebend kam sie auf sie zu und sah nicht einmal ängstlich aus. Auch das war von ihr gewollt, die Jagd war für sie immer von Erfolg gekrönt und brachte sie noch nie in heikle Situationen. Wie auch dieses Mal hatte sie die Fäden in der Hand und konnte mit ihrem Opfer spielen, wie eine streunende Katze mit einer Maus es würde. Das Mädchen war jung, schon fast zu jung für sie. Doch was Janny mit ihr vorhatte, würde ihr Blut vollkommen ausreichen, da ein Neugewonnener Vampir noch nicht so viel auf einmal trinken sollte. Die richtige Menge, die perfekte Süße und eine schöne Hülle, die dieses rote Gold in sich barg. Perfekt fast zu perfekt, für so einen unwürdigen, wie es Jack war. Kosten kann doch nicht schaden, dachte sie sich und strich ihr durchs Haar.

„Welch Liebreiz von euch ausgeht. Eure schönen Augen, euer sanftes Haar... und eure weiche Haut, die mein Herz zum beben bringt, vermag mich nicht mehr zu bremsen.“

Janny’s Lippen küssten an ihrem Hals entlang und sie verbarg ihre Zähne darin, um von ihrem Blut zu kosten. Sie versank im Blutrausch und hörte nicht mehr auf zu trinken, bis schließlich das Herz des Opfers langsamer schlug und sie warnte. Janny hörte auf und atmete schnell, ihre Augen geweitet rot und ließ die kleine zu Boden sinken.

„Welch Schmach, war das Blut so süß und berauschend, dass ich nicht von euch lassen konnte? Weder euer unschuldiges Lächeln noch eure leidvolle Stimme ließen mich von euch ab. Nur die kalte Hand des Todes wies mich in meine Schranken und ließen mich erkennen, was ich tat.“

Janny schüttelte mit dem Kopf, ließ das leblose Mädchen allein in den Schatten zurück und verschwand. Noch immer pulsierte das süße Blut in ihren Adern und ließ sie taumeln. Sie kniete sich auf eines der Dächer und beobachtete die Menschen weit unten die Straßen passieren. Es schien, als würde sie die Zeit anhalten und niemand sah, wie sie einen Menschen aus der Menge hob und diesen bis zu ihr schweben ließ. Sie packte diesen am Hals und zog ihn zu sich. Ohne viele Worte flog sie mit ihm gen Himmel.

Dania wartete schon ungeduldig auf die Rückkehr ihrer Herrin, Jack stets an ihrer Seite, zappelt aufgeregt hin und her, hielt die Leine straff und wäre er ein Hund, würde er mit dem Schwanz wackeln, als er seine neue Herrin erblickte. Janny hielt den Menschen wie ein Bündel eingekauftes, so leicht schien das Paket zu sein, obwohl es ein stattlicher Mann war. Sie legte ihn auf die Holzdielen, im Obergeschoß der alten Kirche wo das Bett noch von der vergangenen Tat zeugte. Als ihre Füße neben ihn auftrafen, knarrten und ächzten diese. Janny schaute ihn von oben her an, strafte ihn mit ihrem verachtenden Blick, sieht ihn wie eine Karaffe voll Wein, doch noch zuckt er. Ja, er windet sich so langsam aus der Starre und in seinen Augen kehrte wieder Leben ein, sowie in seinen Armen und Beinen.

         „Möchtest du spielen, Dania?“ sie schaute zu dem zitternden Mädchen, dass noch immer Jack an der Leine hielt. Dania schüttelte widerwillig den Kopf, verständnislos schaute sie zu ihr und dem Mann auf dem Boden.

         „Nun denn…“ Janny beugte sich zu ihm hinab, griff an seinen Hals und flüsterte honigsüß: „Mein liebes Menschlein, ihr habt doch keinen Grund zu bibbern. Sieh die Sache so… ihr werdet von eurem Leiden erlöst. Nie wieder den stechenden Schmerz der Liebe spüren, nie wieder Angst vor dem Vermieter haben, weil die Rechnung im Rückstand ist. Ihr braucht euch nie wieder um etwas sorgen machen oder gar angst haben…“ sie strich ihm mit der anderen Hand über das schwarze Haar, griff hinein und drehte ruckartig den Kopf zur Seite. Janny säuselte ihm noch etwas ins Ohr, küsste es, liebkoste ihn fast, dass er sich beruhigte.

         „Nimm es hin, mein süßes Menschlein.“ Sie biss ihn in den Hals, grub ihre scharfen Eckzähne in sein süßes Fleisch, trank vom roten Lebenssaft, wie Wein aus einem Kelch. Dania wandte sich ab, schloss die Augen, als Janny’s rot leuchteten vor Gier. Als sie von ihm ließ, stöhnte sie wohlig vor Zufriedenheit auf, Blutgetränkt war ihr Mund und ihr Herz pulsierte.

         „Ah, so süß, so süß.“ Sie leckte über ihre Lippen und deutete eine Handbewegung an, die Jack zu ihr kriechen ließ. Dania wurde mitgerissen doch hielt sie ihn immer noch an der Leine.

         „Das Blut, welches du gleich trinkst, Jack…ist kostbar und lebenswichtig für uns. Du hast ihn nun ganz für dich, mach mit dem Menschlein, was du willst. Trink, friss ihn meinetwegen auf aber verteile sein Inneres nicht hier rum. Dania hasst es das Holz zu putzen.“

Janny führte ihn an den Hals, drückte ihn förmlich in dessen Wunde. Er trank und das mit Gier und Leidenschaft.

         „Weißt du, den Geruch bekommst du nie wieder aus den Mauern und selbst wenn diese tausendmal geschrubbt wurden. Ebenso wie der Geschmack, das erste Mal, wenn du das Blut kostest, es wird dir ewig im Gedächtnis bleiben.“

Sie stand auf, gesellte sich zu Dania, nahm ihre Hand, löste sie von der Leine und schaute den durstigen Jack zu, wie er sich über den hilflosen Mann hermachte. Schmunzelnd leckte Janny das Blut von ihren Lippen und nickte zufrieden. Nach einer gewissen Zeit kniete sie sich neben Jack

und den leblosen Körper des nun blutüberströmten Mannes, befühlte den Puls und nickte abermals.

         „Hör nun auf! Es reicht, trinke niemals von den Toten, das ist deine erste Lektion.“ Sie riss ihn von ihm runter. Er stolperte nach hinten, weitete die Augen, welche rot durchtränkt sind, doch bei ihm spart sich das Blut die Iris auf, die immer noch eisblau wirkte. Sein Gesicht ist von Hass erfüllt, knurrend wollte er sich auf sie stürzen. Doch Janny warf ihm einen düsteren Blick zu, der sogleich das Zimmer verdunkelte, Kerzen und Lampen erloschen und ein kalter Wind wehte um seine Ohren, ließ ihn erschaudern.

Jack schnaufte vor Trotz, doch wurde ihm bang und sank den Blick, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und leckte seine Finger ab. Janny’s Mundwinkel zuckten, als ob ihr ein Lächeln misslang.

„Du lernst schnell. Das war Lektion zwei, töte niemals deinesgleichen!“ Mit den Worten erhob sie sich und ging zu Dania.

 „Schaff ihn weg, mach hier sauber und stör mich nicht in meinem Arbeitszimmer, verstanden?“

Dania schaute immer noch entsetzt auf den blutverschmierten Jack hinab, fürchtete sich gar vor ihm. Janny holte aus, was so schnell passierte, dass sie es nicht wahrnahm. Das Schallern hallte  durch die alte Kirche und schreckte draußen ein paar Krähen auf, die ihr Heil auf dessen Zinnen suchten.

         „Hör mir gefälligst zu!“

Dania war es gewohnt von ihr geschlagen zu werden, wenn sie ihr nicht gefiel, doch dieses Mal traf es ihr hart. Die Wange würde wohl noch Tage ihr Zeichen tragen. Sie schaute ihre Herrin mit Tränen in den Augen an, wollte sprechen doch versagte ihre Stimme, nickte nur und begann sogleich ihre Arbeit. Jack blickte sie von unten her an, verdutzt und fragend. Janny wirkte keineswegs bedauernd, blickte ihn an und schmunzelte.

         „Das war Lektion drei, widerspreche nie deinem Herrn.“ Sie wandte sich von ihm ab, hielt kurz inne: „Hilf ihr beim aufräumen oder ich schwöre dir, Jack…ich werde dir weitaus schlimmeres antun, wenn du mir nicht gehorchst!“

In dieser Nacht bot sich der Eule, die am Friedhof neben der alten Kirche ihr Nest hatte, ein erschauderndes Schauspiel. Zwei ungleiche Wesen gruben Löcher in die Friedhofserde. Von zwei Laternen beleuchtet rammten sie den Spaten rein und schleuderten die, vom dichten Nebel nassen Erde im hohen Bogen aus dem Grab. Die Gestalt, die niemals aufrecht ging half dem Mädchen aus der Grube und sie holten den Glücklichen, der diese Ehre gebühr, die Welt so zauberhaft zu verlassen. „Wumms“ machte es, als der Leichnam nieder gelassen wurde. Das Mädchen war noch so jung, unfassbar, dass sie schon solche Dinge tat.

Als die Eule fast lautlos ihr Nest verließ, fuhr Jack herum, wollte sie kaschen, hechelnd und knurrend lief er ihr nach.

„Jack! Jack!“ rief Dania ihm nach „komm zurück!“ seufzte dann. Doch erhörte er sie und lief noch schneller .oO(soll sie doch rufen) dachte er sich.

„Jack!!“ hallte es wieder durch den Nebel mit einer herzzerreißenden Stimme, die wohl so manchen Toten erweckte. Sie ging unsicheren Schrittes von Grabstein zu Grabstein, schaute um sich, doch sah sie nur den Nebel und die feuchte Friedhofserde unter ihren Füßen. „Jack! Ich sag es unserer hohen Herrin, wenn du nicht sofort zurückkommst!“ In diesem Augenblick kam aus der Dunkelheit die rennende Gestalt auf sie zu und ehe sie es sich versah, fiel er über Dania her, hielt sie gekonnt unter sich fest und leckte ihr das Gesicht ab, wollte Reue zeigen und Entschuldigung sagen. Sie kicherte wie das kleine Mädchen, welche Dania noch war. Doch als er sie so hatte, unten und wehrlos, wollte er am liebsten zubeißen. Dania spürte sein Zögern und seinen gierigen Blick. Aber machte er etwas, womit sie nicht gerechnet hatte. Seine Lippen kamen ihr nah und küssten die ihre. Langsam begannen sie daran Gefallen zu finden und sie schlossen die Augen, dabei trafen sich ihre Zungenspitzen. Als er sie entließ, sich neben sie hockte, wie er es immer tat, schaute grinsend und leckte sich die Lippen. Blinzelnd und etwas irritiert blickte sie in verdutzt an, ihre Wangen röteten sich vor plötzlich aufkommenden Scham. Plötzlich erhallte eine laute Stimme durch den Nebel: „Was ist da unten los? Seit ihr schon fertig?“ Dania kam auf die Beine und richtete sich her, klopfte die Erde ab und schaute in die Richtung, aus der die Stimme kam: „So gut wie, hohe Herrin.“ Antwortete sie ihr mit lieblichem Klang und machte sich ran, das Grab zu finden und es zu zuschaufeln, Jack ging ihr bei Hand, half ihr gut und zuvorkommend. Dabei dachte sie .oO(ist doch noch etwas Menschliches in ihm?)

 Als nun der Leichnam beerdigt und ein großer Stein darüber gebracht wurde, gingen sie wieder zurück in die alte Kirche. Die Stufen knarrten mit jedem Schritt, die sie betraten. Jack setzte sich sogleich auf sein Fell, dass nicht fern vom Kamin ausgebreitet wurde. Ohne sich zu sträuben gehorchte er Dania, die ihm befahl dort zu verweilen. Jack rekelte sich auf dem weichen Fell, dass ohne Zweifel von einem Bären stammen mochte. Sie machte hier und da noch etwas sauber, ging zu ihrer Herrin um ihr zu benachrichtigen, dass nun ihre Aufgabe erledigt sei. Doch die Nacht ist noch jung und Janny gab ihr weitere Dinge auf, die zu erledigen sind. Bevor sie den Ort verließ, um einige Sachen zu besorgen, schaute sie sich in den großen Spiegel an, der einen goldenen Rahmen umfasste, schaute fragend und gequält, blickte dann zu Boden, band sich ihren breiten Schal  um und ging in die Stadt.

 

                                                        3

Es sind viele Menschenjahre vergangen und etwas regte sich in der Tiefe.

„Habt ihr das gehört?“ sagte eine männliche Stimme in der Dunkelheit.

„Ach was, ich höre nichts. Sei nicht immer so eine Sissi, Lance!“

„Ich sagte doch nur, dass ich etwas gehört habe, Tracy!“

„Hey, hört auf so zu kreischen, sonst schmeiß ich euch beide hier raus!“

„Ganz ruhig, Ben. Wir brauchen sie doch noch.“ sagte ein anderer schelmisch grinsend.

„Das haben wir gehört!“

„Ja, komm. Lassen wir die das doch alleine tun, ich habe keinen bock mehr zu graben.“

         „Immer müssen wir die Drecksarbeit machen, während du deinen Macho raushängen lässt. Und ich dachte wir hätten das geklärt, dass wir keinen Anführer brauchen und alle gleichgestellt sind.“ sagte Tracy.

„Klar, genau wie die Herren da oben? Du hast sie ja echt nicht mehr alle.“

         „Schnauze, ich kann das echt nicht mehr hören. Grabt weiter, wir müssten gleich durch sein.“ sagte Stan und grub schneller. Plötzlich stieß jemand auf etwas Hartes und sie gruben entlang der steinernen Wand.

„Es ist eine Mauer“ sagte Tracy. Ben überlegte nicht lange, zeigte ein kleines Dingens, dass er an der Mauer befestigte und rannte hinaus. Schnell folgten sie ihm aus dem gegrabenen Tunnel und suchten Schutz hinter herumliegenden Eisenteilen, die manchmal so groß waren wie ein halbes Haus. Mit einer dumpfen Explosion flogen Gesteins und Erdbrocken aus der Öffnung hervor. Es qualmte noch doch sie gingen schon hinein, aufgeregt, was sie freigeschaufelt hätten. Stan holte den Scanner hervor, der auf seiner Anzeige Umrisse der vorliegenden Räumlichkeiten zeigte. „Kein Lebenszeichen und keine sich bewegende kalte Gestalt, wir können beruhigt hinein.“

Die anderen nickten, doch holten sie ihre Waffen hervor. Angespannt und neugierig betraten sie den Raum. Tracy brachte mit einen entzündeten knacken Licht ins Dunkel. Mit der kleinen Fackel konnten sie den Raum mustern. Er war nicht sehr hoch, doch war seine Decke gewölbt, wie in einem alten Weinkeller. An den Wänden waren schriftartige Zeichen zu erkennen. Eingemeißelt, verwittert, teilweise mit Moos überwachsen. Doch keiner konnte sie entziffern, eine abgewandelte Keilschrift, alt und ungenau wie es schien.

„Was ist das?“ sagte Tracy. Stan ging in die Mitte des Raumes und musterte das steinerne Etwas.

„Ich kann es nicht genau sagen. Vielleicht ist es ein Altar zur Opfergabe.“       

„Nein, es ist ein Sarg. Seht ihr diese Inschriften und die Bilder? Sie verheißen ein ewiges Leben im Tode.“ Sagte Tracy und untersuchte den Sarg feinfühlig.

„Ich wusste gar nicht, dass du kainisch kannst.“ begegnete ihr Ben.

„Ich habe nur etwas gelesen über die alten Schriften der Vampire der vergangenen Zeit.“

„Wenn es ein Sarg ist, dann können wir ihn doch öffnen.“ sagte Lance und versuchte sogleich den Deckel zu knacken.

„Niemand rührt was an! Wenn darin wirklich ein Vampir liegt, dann sind wir tot, bevor wir amen sagen können.“ 

Doch kaum hatte er dies erwähnt, berührte Lance einen hervorstehenden Stein, der sich hereindrücken ließ. Es rumpelte und der Deckel bewegte sich zur Seite. Dichter Rauch war in dem Sarg wohl seit Jahrhunderten verschlossen und kam nur zögernd hervor. Sie zogen gleich die Waffen, zielten in das Innere des Sarges und gingen langsam darauf zu. Als sich der Rauch verzog, kam eine Gestalt zum Vorschein.

„Schläft sie oder ist sie tot.“ sagte Tracy.

„Ich weiß nicht.“ Stan streckte die Hand aus, berührte sie leicht und schreckte zurück. „Sie ist eiskalt wie tief gefroren, kein Puls und keine Reißzähne.“

„Also eine Tote. Dann ist ja alles ok, Deckel wieder zu und gut.“

„Sie ist wunderschön. Warte noch Lance! Seht ihr das? Sie trägt einen Anhänger, der mir sehr bekannt vorkommt.“

„Das kann ich dir sagen woher. Es ist ein Wappen, dass überall in diesem Land bekannt ist, seit drei Jahrhunderten.“

„Immortalis“  sagte er.

„Ja. Ich kann nur nicht verstehen, warum sie es trägt. Denn die Vampire geben dieses nur ihren Angehörigen in direkter Linie. Auf der Rückseite ist meistens ihre Herkunft eingraviert.“ Sie drehte den Anhänger um und strich darüber. „Das kann nicht sein. Hier steht Filia und Andre Immortalis. Aber das ist nicht möglich, denn es hieß, dass ihre verschollene Tochter für immer von dieser Welt geschieden sei. Sie ist die Prinzessin unserer königlichen Herrschaften, die sagenumwobene Janny, der Auserwählten Brut.“

„Woher weißt du das alles?“ sagte Ben.

„Man nennt sie Bücher, würde euch auch mal gut tun.“

„Sehr witzig, Tracy. Die meisten Bücher sind in der Obrigkeit und du weißt ganz genau, dass wir nicht lesen dürfen.“

„Revolutionsnetzwerk, Stan. Internet macht es möglich.“

„Du bringst uns noch alle um. Die können die Verbindung zurückverfolgen und wenn eines Nachts Vampire vor der Haustür stehen, weiß ich wen ich anpissen werde.“

„Mach mal halblang, ich pass schon auf, dass uns die Hunde nicht erwischen.“ 

„Er hat Recht, wir müssen vorsichtig sein. Doch schließen wir diesen Sarg doch, damit ich beruhigt schlafen kann.“ sagte Ben und packte sogleich den Deckel.

Lance half ihm, als ob er es nicht auch alleine schaffen würde, um sich mehr zu beweisen. Er war es auch, der Feuer machte und die Nahrungseinheit verteilte.

Nun saßen sie beisammen, jeder auf seinem Feldbett. Tracy lachte unter den Witzen von Lance, die Ben meistens nicht komisch fand. Doch Stan starrte nur ins Feuer, regte sich kaum und machte nur kleine Bewegungen wie zwinkern, hin und wieder zog er an seiner Kippe und machte ein seltsames Spielchen mit den Augenbrauen. Vielleicht starrte er auch nur durch die Flammen hindurch auf den Sarg, als ob er befürchtete, dass sich darin etwas regen würde. Und er hatte dabei nicht ganz Unrecht. Denn es regte sich, ganz schwach und leise... poch, poch. War es, weil es an der Zeit war oder weil sich Leben um sie tummelte. Ein letzter Kraftakt und die Verlorene fing wieder an zu atmen doch war sie viel zu schwach, als dass sie den Deckel anheben könnte. Drum wartete sie ab, bis sie jemand erweckte. Das Gelächter verstummte und das bläuliche Feuer ging aus.

Eine Gestalt in der Dunkelheit fand keinen Frieden und stand nun an dem Sarg, berührte ihn und horchte. Langsam wurde der Deckel einen winzigen Spalt geöffnet und ein leuchten zeigte die tote Schönheit erneut. Der Deckel rückte weiter zur Seite und eine Hand suchte nach dem Amulett. Als er es fand nahm er es vom Hals. Das Amulett wurde beäugt und mit den Fingern betastet. Doch waren die silbernen Spitzen scharf und er schnitt sich in den Finger. „Au...“ er ließ es fallen und schaute erschrocken von sich selbst zu den anderen, wobei das Licht über ihre schlafenden Körper wanderte. Er steckte den Finger in den Mund, leckte das Blut ab, hob die Kette auf und legte diese wieder um ihren Hals. Danach verriegelte er den Sarg und legte sich wieder in sein Feldbett.

Doch weh und ach, was er nicht wusste, einige Bluttropfen gelangten auf die Lippen der Toten. Dunkelroter Lebenssaft sank in dem Mund und bewirkte eine Reaktion, die sie wieder lebendig machte. Plötzlich öffnete sie die Augen und atmete tief ein. Was ist geschehen? Wo bin ich? Was ist mit mir los?

Als Lance den Deckel am nächsten Morgen öffnete, ahnte er noch nicht die Gefahr.

         „Sie sieht süß aus“ sagte er und strich ihr übers Gesicht, während er zu den Anderen schaute.

„Hey, lass sie doch, wir müssen weiter“ sagte Ben.

Er bemerkte nicht, dass Janny wach war und nach seinem Leben trachtete. Sie biss ihn in den Arm und ließ ihn nicht mehr los. Er schrie und bat um Hilfe, doch die Anderen stattdessen flohen aus dem Raum heraus. Sie verstanden die Gefahr, die kein Mitleid kannte und keine Gnade. Mächtig waren die Vampire und stark, reiche Läute mit viel Einfluss.

Sie ging aus der Gruft und betrachtete die Welt. Sie zeigte sich düster, trotz der Sonne, die den Tag ankündigte. Janny sah … Leid, so unendliches Leid. Waren es Menschen, die dort an den Straßen standen und von Vampiren angefallen wurden, ohne dass sich jemand darum scherte?! Ja, es waren Menschen. Aber warum sehen die Anderen nur zu und handeln nicht? War die Menschheit deren ergeben?

„Lass sie, die sind es nicht wert. Spieler werden sie genannt. Wenn einem Vampir das Blut nicht schmeckt, darf er ihn dafür töten. Wenn doch, darf dieser weiter leben.“

„Russisches Roulett.“ Sagte sie, ohne sich umzudrehen.

„So was ähnliches, ja. Mein Name ist Yuri und ich spiele nicht.“

Janny drehte sich um und erblickte einen halbwüchsigen Jüngling, keine 17 Jahre alt, wie es ihr schien. Er trug dunkle Kleidung, davon einige zerfetzt und verschlissen. Sein Mund und seine Nase waren durch ein Tuch geschützt und so konnte man nur seine Augen sehen.

„Hast du keine Angst vor mir, Junge?“

„Wenn du gewollt hättest, dann wäre ich schon tot. Kein Vampir lässt leiden, kurz und schmerzlos ist doch eure Devise oder nicht?“ er legte seinen Kopf etwas schief und sah sie von unten nach oben an.

„Ich bin kein Vampir dieser Zeit.“ Sie drehte sich wieder um und ist sichtlich angewidert über das Schauspiel, das sich ihr bot, „Haben die Vampire all ihr Stolz verloren und vernichten nur noch?“

„Oh nein, du siehst das völlig falsch, “ er stellte sich neben sie „die Vampire dieser Zeit, wie du sie nennst, haben viele Möglichkeiten und Einrichtungen, um sauberes Blut zu erhalten.“

„Sauberes Blut?“ Janny war verwundert und sah ihn aus dem Augenwinkel her an.

„Ja … es gibt verseuchtes Blut, was man häufiger antrifft. Die meisten Menschen sind ihrem Schicksal ergeben, leben draußen in Freiheit und Angst gejagt zu werden. Doch ist die Luft nicht rein, seit dem Unfall werden wir nicht mehr so alt. Ich finde das in Ordnung, wer will schon hier lange leben. Ohne Zukunft und Hoffnung auf Glück.“

„Unfall?“

„Es hieß es war der größte Kernreaktor den es gab. Niemand weiß warum aber er ist in die Luft geflogen und hat die Welt verseucht. Unser Blut schmeckt nicht mehr so wie es vielleicht sollte und es lässt uns nicht länger als 30 Jahre leben. Doch viele haben dieses Alter nicht gesehen und uns bleibt nicht viel Zeit.“

Janny hüllte sich in Schweigen und sah über die halb zerstörte Stadt.

„Das da hinten, “ Yuri zeigte auf ein großes Gebäude „das ist das Herrenhaus. Dort wohnen sie, man kann es zu dieser Stunde gut sehen.“

„Wer wohnt dort?“

„Hey, jetzt gehst du zu weit. Ich glaube dir ja, dass du nicht von hier bist aber die Herrschaften kennt die ganze Welt!“

„Ich weiß nicht wen du meinst, Junge.“

„Warum quälst du mich so? Wenn du mich aussaugen möchtest tu es, zögere nicht!“ Yuri lief weg und Janny sah ihm nur kopfschüttelnd hinterher.

Sie verließ die Anhöhe und schwebte in die Stadt hinein. An jeder Ecke standen Spieler und die Vampire waren nicht weit. Diese kamen im Auto daher, welches von der Sonne völlig abgeschottet war und bevorzugten laute grelle Musik, die bis ins Mark ging. Sie fuhren an ihr vorbei und ächzten nach ihr. Janny war nicht beeindruckt und ging ruhig die schmutzigen Straßen entlang und immer das große Gebäude im Auge behaltend. Hinter den Fenstern versteckten sich einige Menschen, schlossen die Türen und zogen die Vorhänge zu. Es schien ihr wie ein seltsamer Traum, dass sie durch die Stadt ging und das Verhalten dieser Menschen verstand. Denn die Sonne brannte auf ihr nieder und jeder wusste, dass sie ein Vampir war, doch niemand konnte sie verstehen. Sie hatten Angst und Janny gefiel es. Doch plötzlich hörte sie ein leises zischen. „Psst.“

Sie drehte sich um und bemerkte eine dunkle Gestalt in einer Gasse.

„Ja, kommt näher“ sagte eine männliche Stimme „wie könnt ihr nur.“

Janny ging zu ihm und verschränkte die Arme.

„Was meint ihr?“

„Kommt von der Strasse runter! Es ist doch Tag.“ Er winkte mit der Hand.

„Warum sollte ich euch Vertrauen schenken, Fremder.“

„Weil es sonst euer tot wäre.“

Janny überstieg das Gerümpel, das hier überall herumlag und entzog sich somit der Sonne. Neugierige Augen sahen sie von Nahem an und die Gestalt beschnüffelte sie. Eine Kapuze an seinem Umhang versteckte sein Haupt und ließ ihn sonderbar aussehen.

„Wer seit ihr?“ sagte er.

„Das geht euch gar nichts an.“ Antwortete sie trotzig.

„Sei es so, dann werde ich euch einen Namen geben müssen.“ Er überlegte und lächelte sogleich. „Wie wäre es denn mit Etilia oder … Gitte“ er lachte leise und scheint sich zu amüsieren.

Janny missfiel dies und schleuderte ihn gegen die Mauer, hielt ihn an der Kehle fest und fauchte.

„Nennt mir euren Namen und ich verrate vielleicht meinen.“ Der Mann zappelte ein wenig und keuchte: „Hosea.“

Sie ließ ihn wieder los und nickte zufrieden.

„Also gut, Hosea. Was ist so gefährlich, dass ich entgehen sollte.“

„Es ist…“

Ein schreckliches grölen kam von einer Richtung, eine üppige Menschenmasse zeigte sich bewaffnet, suchten in jeder Ecke und schrieen lautstark ihre Parolen in die Häuser.

„Kommt.“ Hosea verschwand eilig in einer Luke im Boden, sie folgte ihm ohne nach zu denken. Ein faulig süßlicher Geruch stieß ihr in die Nase und ließ sie rümpfen.

„Was war denn das?“

„Menschen, Aufständige, die jeden Vampir töten, den sie in ihre Finger bekommen.“

„Wie würden sie es anstellen?“

„Nun ja, die Sonne ist bis heute unser engster Feind. Darunter zählen auch verbrennen und Enthauptungen. Die Menschen haben schon so vieles versucht doch haben sie noch niemanden gesehen, der der Sonne trotzte.“

„Früher haben sie auch versucht uns mit Knoblauch und Kreuze zu verjagen. Man sollte nicht immer den Menschen Glauben schenken.“

„Sie haben dich gesehen und fürchten sich.“

Janny zuckte mit den Schultern „Sollen sie doch, mich kümmert es nicht. Ich habe schon so vieles überstanden, da kann mich auch eine kleine Horde Menschen nicht aufhalten.“

         „Was habt ihr nun vor? Weswegen seit ihr hier?“

         „Ich … wurde geweckt … und weiß nicht wirklich was ich tun soll. Doch möchte ich gerne die Herrschaften besuchen, denen das Land gehört.“

Hosea überlegte kurz und schaute sie abermals an. Sie trug ein ledernes Mieder, ein Rock aus feinem Stoff, der ihr bis an die Knöcheln reichte. Das Schuhwerk war auch nicht mehr das neueste, Staub hing an ihrem Körper und im Haar waren ein paar Spinnweben zu erkennen.

         „Was tragt ihr da? Ist das ein besonderes Kostüm?“

         „Es ist tatsächlich etwas Besonderes. Aber Ihr habt Recht, es entspricht nicht dieser Zeit. Etwas anderes wäre angebrachter.“ Janny sah an sich herunter und strich über das Mieder. Ihm überraschte dies nicht und machte eine Handbewegung, die aufforderte ihm zu folgen.

         „Dann kommt mit mir, ich habe da genau das Richtige für euch.“ Er rannte los und sie folgte ihm ohne Rast.

Eine Eisentreppe führte nach oben, durch eine Luke kamen sie in ein Haus, durch ein paar dunkle Gänge und Türen in ein Zimmer. Die Fenster waren verschlossen und mit schweren Vorhängen bestückt. Viele kleine Habseligkeiten zierten dieses Zimmer, wie auch so manch roter Stoffbahnen die Decke. An einer Wand war ein gezeichnetes Bild von zwei Liebenden und in der einen Ecke stand ein üppiges Bett mit einigen roten Kissen. An der Wand lehnte ein hoher Schrank und an der anderen ein weiches Sofa und davor stand ein provisorischer Tisch. Janny sah sich um und beobachtete Hosea, wie er im Schrank etwas suchte. Dann legte er einige Sachen aufs Bett und verließ das Zimmer mit den Worten: „Die sind von meiner Ex, ich weiß nicht, ob sie dir passen werden, aber sie halten warm.“ Janny konnte ihn vor der Tür sich setzen hören und begutachtete die vorgelegten Sachen. Eine schwarze Hose, die an den Seiten geschnürt wurde passte ihr gut. Die Bluse zog sie sich unters Mieder an und darüber einen Mantel, der ihr fast auf den Boden reichte. Ein Tuch lag ebenfalls dabei, es sollte ihren Hals zieren, wenn ihr danach war. Eisenbeschlagene Stiefel, ein dicker Schal und lederne Handschuhe.

„Hosea“ rief sie. „ich bin fertig.“

Er kam rein und musterte sie und nickte zufrieden. Dann ging er in einen Nebenraum und kam mit ein paar Handtüchern wieder.

„Die Dusche funktioniert noch aber seit gewarnt. Das Wasser bleibt nicht lange warm.“ Er schmunzelte verlegen und wies ihr den Weg. Janny nahm die Handtücher an sich und ging in das Bad. Es war nicht sehr groß und auch die Dusche war recht klein, doch er hatte wohl ein neues Stück Seife hingelegt. Als sie die Kleidung abgelegte,, stellte Janny sich unter die Brause und ließ das Wasser über ihre trockene Haut prassen. Aus einem Spender entnahm sie Shampoo und wusch sich. Es tat ihr so wohl, dass sie am liebsten die Zeit angehalten hätte. Doch das vermochte sie nicht und so blieben ihr nur wenige Minuten, bis das Wasser sich in einen eisigen Strom verwandelte. Mit einem Quietschen der unschönen und schon rostenden Hebel, stellte sie es aus und trocknete sich mit dem Handtuch ab. Ein zersprungener Spiegel lehnte an der Wand und war durch den Dampf ganz nebelhaft. Janny wischte mit der Hand darüber und sah sich seit ewiger Zeit das erste Mal wieder im Spiegel. Ihre Haut hatte sich nicht verändert nur ihre Augen verrieten ihren tiefsinnigen Verstand. Auch war ihr Haar gewachsen und reichte ihr bis weit über die Hüften, darum hatte sie diese zum Zopf geflochten. Nun zog sie sich an und ging, mit dem Mantel und dem Schal überm Arm gelegt, wieder in das Zimmer zurück. Dort wartete schon Hosea auf sie, der immer noch angezogen war.

„So gefallt ihr mir schon besser.“ Schmunzelte er vergnügt, sie betrachtend. So schnell war sie, dass er nur einen leichten Windstoß auf seiner Haut verspürte, doch war es der eindringliche und erstickende Schmerz, den seine Kehle zuschnürte und ihn zu ersticken drohte.

„Warum hilfst du mir?“ sie schaute in seine eisblauen Augen und die Kapuze viel von dem Ruck ihrer Attacke nach hinten, gaben seine kupfrigen Haare frei. Sein kantiges Gesicht versuchte den Schmerz, den er offensichtlich empfand zu unterdrücken, ein gequältes Lächeln zuckte über seine schmalen Lippen.

„Ihr seid ein seltenes Exemplar. Die Königin sucht seit jeher solch liebreizende Dinger wie euch. Doch weder ich, ein anderer oder gar der König weiß warum. Es heißt, dass er unter ihren Zähnen steht und das Zepter, welches sie mit eiserner Hand hält würde die Königin niemals aus den Händen geben“ flüsterte er.

„Warum erzählt ihr mir davon? Ich will wissen, wie viel ihr für mich bekommen würdet.“ Ihre Augen verengten sich.

„Nun, es heißt mehr als Ehre erwartet uns, mehr noch als die Unsterblichkeit und mehr als ein glückliches Leben. Einen festen Sitz im Rat der Hohen Herren, ein Rang gleich einem Ritterschlag und mehr als nur einen Block in der Stadt als Belohnung.“

Janny schaute sich kurz um.

„Dann hattet ihr wohl noch keinen Erfolg, wie ich sehe.“ Lässt ihn wieder los, langsam lockert sich der Griff um seinen Hals, dessen Haut sich nun rot färbte, ein Abdruck von ihren Fingern, den er noch lange genießen würde.

„Was erwartet mich dort, wenn ich dir folge?“ Sie richtete sich auf und ging ein paar Schritte so gut es das enge Zimmer zuließ.

„Das weiß ich nicht.“ Das schnelle Schlagen seines Herzens verriet es, er hat Angst.

„Lüg mich nicht an!“ Aus ihrer Kehle klangen verschiedene Stimmen, hasserfüllte tiefe, rau und rasend. Das Flackern des Lichtes, obwohl die Sonne den Tag pries, ließ sie schemenhaft und von Schatten umwandet erscheinen. Und wäre er ein kleiner Junge gewesen, würde er das Sofa, auf welchen er saß, nässen. Doch er stotterte und flehte wehmütig.

„Ich…ich…ich kann es nicht wirklich sagen. Die Herrschaften lassen uns damit im Dunkeln, doch habe ich Gerüchte gehört…“

„Sprich weiter.“ Ernst lag in ihren Augen und er wusste, würde er sie nun anlügen, wäre das sein klägliches Ende.

„Man sagt, dass die Königin von unglaublicher Schönheit ist und barmherzig. Doch man munkelt, dass sie jeden nur ausnutzt und die Menschen als erstes. Die besonderen Spielzeuge, ihrer Herrlichkeit, sind außergewöhnlich, doch ebenso gepeinigt von ihrer... Grausamkeit.“

Janny spürte, dass sie ihm nicht viel mehr entlocken konnte, als dieses unsinnige Geschwätz und nickte nur.